Elektronik für digitale Bildung: Calliope Mini – Made in Berlin

Auto-CalliopeMini

Ein Auto – mit Calliope Mini Steuerung

Dass ich von den Calliope Minis (https://calliope.cc/ueber-mini) sehr begeistert bin, dürfte die eine oder der andere schon mitbekommen haben. Ein Calliope Mini ist ein kleiner Micro-Controller, der für den Einsatz in Grundschulen gedacht ist. Er bietet Sensoren (u.a. einen Bewegungssensor, einen Beschleunigungssensor und einen Kompass), 25 LED-Lämpchen, ein Mikrofon, einen Lautsprecher, USB-Anschlüsse, Bluetooth und einiges mehr.

Mit Hilfe eines PCs können kleine Programme geschrieben werden, die dann autark vom Calliope Mini ausgeführt werden. Es können auch sehr einfach Feuchtigkeitssensoren oder Temperaturfühler angeschlossen werden, um zum Beispiel in der freien Natur Messungen vorzunehmen.  Oder man schließt einen oder mehrere Motoren an, z.B. um ein selbstfahrendes Auto damit zu bauen. Auch eine Wetterstation , ein Schere-Stein-Papier-Spiel , ein Zufallszahlengenerator für den Matheunterricht oder ein Metronom für den Musikunterricht lassen sich mit dem Calliope Mini konstruieren. Mit dem Calliope Mini erschließt sich Kindern so ein spielerischer Zugang zur Funktionsweise der digitalen Welt.

Am 16. November hatte ich die Möglichkeit, mir die Produktion der Calliope Minis beim Berliner Unternehmen Schleicher Electronics  mitten in Berlin live anzuschauen. Es war wie bei der Sendung mit der Maus – man konnte hinter die Kulissen gucken, jede beliebige Frage stellen und bekam den Produktionsprozess von Anfang bis Ende genau gezeigt und erklärt. Es war höchst spannend zu beobachten, wie so ein Calliope Mini entsteht. Damit unsere Kleidung keine Fussel in den Produktionsbereichen hinterläßt, wurden wir vor dem Rundgang in weiße Kittel gesteckt.

Calliope-ausgestanzt-Kiste

fertig produzierte Calliope Mini

Schritt 1 – Vorbereitung

Das Board, auf dem sich insgesamt sechs Mini-Computer befinden, wird durch eine Schablone genau an den Stellen mit einer speziellen, Lötzinn enthaltenden Paste überzogen, wo später elektronische Bauteile befestigt werden.

Calliope-Rakelschablone

Hier erkennbar: die Schablone, durch deren Löcher die Lötzinn-Paste auf das Calliope Mini Board gebracht wird


Calliope-Paula-Jugendhackt-OKFN-Rakelfliessband

Paula von Jugend Hackt und Open Knowledge Foundation Deutschland, war auch bei der Produktionsbesichtigung dabei. Hier schaut sie zu, wie ein Calliope Board per Mini-Fließband in die „Rakel-Maschine“ hineinfährt

Schritt 2 – Aufbringen der elektronischen Bauteile

In der nächsten Maschine werden in Windeseile viele winzige elektronische Bauteile auf diese Stellen gesetzt, wo sie auf der Paste quasi „kleben“ bleiben. Die kleinen Bauteile – manche Kondensatoren sind so winzig, dass man sie gerade noch erkennen kann –  sind auf Rollen befestigt, die auf dem ersten Blick aussehen wie Filmrollen. Im Prozess wird durch optische Kameras kontrolliert, ob alles genau da sitzt, wo es hingehört und im Fall der Fälle wird nachjustiert.

Calliope-Bauteil-Bestueckungsmaschine

Maschine, in der die elektronischen Bauteile automatisiert auf das Calliope Mini Board aufgebracht werden


Calliope-Bauteile-Baender

Bänder, auf denen sich die elektronischen Bauteile befinden


Calliope-zweitkleinste-Bauteile-Nah-Pfeile

Die zweitkleinsten Bauteile auf dem Calliope Mini sind Kondensatoren – hier auf einer Hand und sehr stark vergrößert.

Schritt 3 – Auflöten der Bauteile im „Backofen“

Hat alles seine Richtigkeit, werden die nun schon fast fertigen Calliope Minis auf einem kleinen Fließband langsam durch eine längliche Röhre gefahren, die eigentlich eine Art langer Backofen ist. Darin werden sie durch heiße Luft erhitzt, damit die ganz am Anfang aufgetragene Paste flüssig wird und die Bauteile dabei quasi angelötet werden. Am Ende kühlt eine Art Fön mit kühlerer Luft und die Calliope Boards fahren aus dem Ofen heraus.

Calliope-Backofen

Der "Backofen" wurde kurz für uns geöffnet, weil gerade keine Calliope Mini darin waren. Ganz schön viel heiße Luft da drinnen!

Ich gucke neugierig in den „Backofen“, der kurz für uns geöffnet wurde, weil gerade keine Calliope Mini darin waren. Ganz schön viel heiße Luft da drinnen!

Schritt 4 – Ausfräsen der Calliopes

Im nächsten Arbeitsschritt werden die einzelnen Calliope Minis aus dem Board gefräst, mit dem sie an einigen Stellen verbunden waren – sechs Calliopes pro Platte. Per Hand sind anschließend die Calliopes leicht aus der Platte zu lösen und wandern in eine Kiste. Die Hardware ist an dieser Stelle fertig. Aber da fehlt dann noch was.

Die Fräsmaschine trennt die einzelnen Calliope Mini vom 6er Board

Die Fräsmaschine trennt die einzelnen Calliope Mini vom 6er Board


Der Rand wird entfernt, die Calliope Mini werden nach der Fräsung einzeln entnommen

Der Rand wird entfernt, die Calliope Mini werden nach der Fräsung einzeln entnommen


 

Schritt 5 – Firmware und Qualitätsprüfung

Per Hand wird auf jeden einzelnen Calliope Mini die Firmware aufgespielt, die zum Beispiel für die Kommunikation mit PCs gebraucht wird. Dies wird gleich mit einem Test verbunden, ob alle Sensoren funktionieren. Der Ausschuss ist jedoch sehr gering.

Calliope-Q-Pruefung

Schritt 6 – Verpackung

ist die Verpackung des Calliope Mini, dabei werden noch ein paar zusätzliche Bauteile und Aufkleber in die kleinen Pappschachteln gelegt. 25 Calliope Schachteln wandern in ein großes, flaches Paket – ein Klassensatz, so wie er an Grundschulen ausgeliefert wird.

Calliope-Verpackungstisch

Hier werden die Calliope Mini verpackt.

Mit der Auslieferung eines elektronischen Gerätes ist es natürlich längst nicht getan. Entscheidend ist die sinnvolle Integration in den Unterricht. Dafür gibt es Schulungen für Lehrer*innen. Es wurden darüber hinaus zahlreiche Lehr- und Lernmaterialien unter freier Lizenz (also als Open Educational Ressources) produziert, die im Unterricht eingesetzt werden können.

Arbeitsheft von Cornelsen (CC-BY-SA)

Auch der Schulbuchverlag Cornelsen hat Material beigesteuert und – was mich besonders freut – dies neben käuflich zu erwerbenden Lehrbüchern ebenfalls frei zum Download zur Verfügung gestellt. Die Materialien geben viele Anregungen und Anleitungen für den interdisziplinären Einsatz – vom Feuchtemessen im Pflanzenboden im Biounterricht, bis zum Einsatz als Geschwindigkeitsmesser im Sport.

Die Digitalisierung betrifft ja auch alle gesellschaftlichen Bereiche, daher sollte auch ein Calliope Mini nicht nur im Informatik Unterricht genutzt werden. Verschiedene einfache Programmierhilfen können dafür genutzt werden.

Der Calliope Mini steht noch ganz am Anfang einer hoffentlich erfolgreichen Entwicklung. Es gibt u.a. schon Pilotprojekte an Grundschulen in Berlin, Saarland, Thüringen und Brandenburg. In meinem Heimatort Fürstenberg/Havel leitet mein Mann Daniel ehrenamtlich eine Informatik-AG an der Dreiseen Grundschule, wo er erste Erfahrungen mit dem Calliope Mini sammelt.

Ich begrüße einen flächendeckenden Einsatz an Grundschulen. Wie so oft mangelt es aber vor allem am Geld. Ein Calliope Mini kostet knapp 35 Euro, ein Klassensatz besteht derzeit aus 25 Calliope Minis. Das Berliner Unternehmen Schleicher Electronics hätte keine Probleme damit, die Kapazität zu erhöhen, wenn die Nachfrage wächst, erzählte uns der Chef Herr Ritter am Ende unseres Rundgangs. Elektronik an unseren Schulen, die nicht „Made in China“ ist oder den Markennamen eines US-amerikanischen Monopolitsten trägt, und außerdem unserem Mittelstand Wachstumschancen bietet, das wär doch mal was!

Band mit Bauteilen (Aktionsknopf in Blau)

Band mit Bauteilen (Aktionsknopf in Blau)

Im Moment finanziert sich das Calliope Projekt noch über Spenden, auch wenn das eigentlich eine staatliche Aufgabe sein sollte. Deshalb ist jede Spende weiterhin willkommen. Ich persönlich möchte dazu auch einen Beitrag leisten. Alle Einkünfte, die ich neben meiner Abgeordnetentätigkeit erziele, z.B. durch Vorträge, Textbeiträge o.ä., werde ich für die Anschaffung von Calliope Minis an Schulen in meinem Wahlkreis (WK 60 – westliches Brandenburg) und in meinem Betreuungswahlkreis (WK58 – Oberhavel, Falkensee und Umgebung) spenden. Ich bin auch digitale Bildungsbotschafterin von www.erlebe-it.de, einer Initiative des bitkom Industrieverbands, über die kostenfrei Projekttage für Schüler*innen und Weiterbildungen für Lehrkräfte angeboten werden (die Übersicht über das ganze angebotene Programm – nicht nur zum Calliope Mini und über Grundschule hinaus –  gibt es HIER, die Beschreibung zum Projekttag Calliope Mini gibt es HIER). Wenn Sie auch spenden möchten, können Sie einfach direkt Kontakt mit dem Team von Calliope Mini aufnehmen.

Sie sind Grundschul-Lehrer*innen oder -Schulleiter*innen oder ein engagiertes Elternteil aus den o.g. Wahlkreisen 58 und 60, und interessieren sich für mehr Informationen, für einen Klassensatz Calliope Mini und/oder für einen Projekttag/eine Lehrerweiterbildung von erlebe-IT? Dann können Sie sich sehr gerne an mich wenden, entweder unter der E-Mail-Adresse: anke.domscheit-berg@bundestag.de oder unter der Telefonnummer 030/227-73107. 

 
 
 
 

4 thoughts on “Elektronik für digitale Bildung: Calliope Mini – Made in Berlin

  1. Guten Tag Frau Domscheit-Berg,
    ich habe die „Netz-Teil“-Kolumne in der heutigen FR gelesen (25.11.)
    Großartige Anregung, passt zu meinem Vorhaben, in Grundschulen und weiter führenden Schulen meiner Region aktiv zu werden.
    Vielen Dank und viel Erfolg bei Ihrer Arbeit!
    Joachim Heydweiller

  2. Danke für den gut gemachten Bericht und für die Unterstützung des tollen Projekts.
    Auch ich überlege zur Zeit wie ich das Thema Digitalisierung im Bildungsbereich vorantreiben und unterstützen kann, da ich unsere Kinder noch nicht ausreichend vorbereitet sehe für die an sie gestellten zukünftigen Ansprüche. Ich habe während meiner Zeit in Kalifornien schon gesehen, wie Hardware (Computer, Tablets) und Software (Learning Management Systeme, Lern-Apps) sehr erfolgreich im täglichen Lehrbetrieb eingesetz wurden und das nicht nur in einzelnen Pilotprojekten.
    Calliope ist deshalb ein tolle Sache, weil es Lehrern und anderen interessierten Zeitgenossen wie meinem Kommentarvorgänger und mir eine gute Ausgangsbasis gibt sich in Eigeninitiative einzubringen.
    Hoffentlich bleiben solche Projekte nicht nur im Pilotstatus und dauerhaft auf Spenden angewiesen, sondern kommen in einen geregelten „Standardmodus“ durch Anpassung der Lehrpläne, Bereitstellung der Budgets und Einplanung der Schulstunden, Ausbildung der Lehrer etc.
    Also nur weiter so. Meine Unterstützung haben sie.
    Tim Kremer

    • Ich sehe das ganz genauso. Es braucht eine ordentliche, verlässliche Finanzierung von staatlicher Seite. Gute Pilotprojekte können den Weg dahin beschleunigen.
      viele Grüße und danke für das schöne Feedback, es ist mir Ansporn!
      Anke Domscheit-Berg

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