Dieser Tage könnte man nur bloggen, und leider nur über beunruhigende Geschichten.
Da ist zum Beispiel eine Ärztin in Bayern, die sich wie viele andere darüber wundert, warum Gustl Mollath seit vielen Jahren in die Psychiatrie weggesperrt wurde, weil er angeblich Wahnvorstellungen hat und gefährlich ist. Seine Wahnvorstellungen waren Behauptungen zu einem Steuerhinterziehungssystem bei der Bank seiner Exfrau, die sich inzwischen soweit überprüfbar durch die Bank als richtig herausgestellt haben. Er sitzt trotzdem noch eingesperrt, sein Fall beschäftigt Ausschüsse und ein Wiederaufnahmeverfahren wird es auch geben. Von Seiten der bayerischen Justiz hat sich bisher Justizministerin Beate Merk dazu hervorgetan, für sie ist Gustl Mollath kein Whistleblower sondern ein gefährlicher Kranker.
Dr. Ursula Gresser (auf Twitter @UrsulaGresser) sieht das anders. Weil Sie sich für Aufklärung in der Sache interessiert, twittert sie:
Wann Mollath freikommt? Diese Frage könnte man am Montag, 10.06.13 um 19 Uhr im Landgasthof Hofolding stellen
Dieser komplett harmlose Tweet, der nur zum Fragenstellung bei einer öffentlichen Veranstaltung aufruft, wird aber offenbar für gefährlich gehalten. Richard Gutjahr hat das, was danach geschah, in seinem Blog ausführlich beschrieben. Die Kurzfassung: Dr. Ursula Gresser bekommt zuhause Besuch von zwei Polizisten. Sie wird eingeschüchtert, löscht am Ende den Tweet und bleibt mit dem Eindruck zurück, dass sie auf der Veranstaltung eine Persona non grata ist. Soweit sind wir also in Deutschland.
So etwas sollte man in Deutschland nicht dulden. Hier in Brandenburg hätte ich eine Informationsfreiheitsanfrage gestellt, um herauszufinden, wer dafür die Anordnung gegeben hat. Aber leider gehört Bayern zu den 5 Bundesländern, die nicht mal ein IFG haben. Also habe ich per Twitter dazu aufgerufen, eine Anfrage in den Bayerischen Landtag einzubringen, um herauszufinden, wie es zu diesem seltsamen Polizeibesuch kam, der ein ganz klarer Verstoß gegen die Meinungsfreiheit ist, die unser Grundgesetz bekanntlich schützt. Einschüchterung durch Polizeibesuch suggeriert kriminielles Verhalten, sie ist daher dazu geeignet, Menschen von einer künftigen Meinungsäußerung abzuhalten oder sie anders als sonst zu äußern – aus Furcht vor erneutem Polizeibesuch oder anderweitigen Konsequenzen. Vielleicht liegen ja jetzt irgendwo Akten zu Dr. Ursula Grenner herum, in denen vermerkt ist, dass sie „kritische Tweets“ verschickt…, wer weiß das schon. Mich erinnert das stark an meine Vergangenheit in der DDR.
Florian Ritter (auf Twitter als @Roter_Ritter unterwegs), für die SPD Mitglied im Bayerischen Landtag reagierte sehr schnell, schon eine Stunde nach meinem Hilferuf berichtet er, dass er einen Berichtsantrag als Dringlichkeitsantrag in den Bayerischen Landtag eingebracht hat.
Jetzt werden wir mal sehen, wie die Geschichte weiter geht. Es darf einfach nicht sein, dass nach einem harmlosen Tweet die Polizei vor der Tür steht. Das hat die deutsche Politik für Arabien angeprangert, aber hier wollen wir das auch nicht erleben! Ein Sprecher der Polizei hat im übrigen erklärt, dass der Besuch NICHTS mit dem Tweet zu tun hätte… obwohl genau dies als Grund angegeben worden war.
Wer sich für Hintergründe zum Schicksal von Gustl Mollath interessiert, der/die kann sich folgende Links einmal näher anschauen:
- Wikipedia Eintrag zu Gustl Mollath
- Beiträge in der Süddeutschen Zeitung zur Causa Mollath
- Unterstützerseite für Gustl Mollath
- ARD: „Der Fall Mollath“ vom 03.06.2013
Es ist also wieder soweit, wer in Deutschland den Finanzgangstern mit ihren möglicherweise guten bis besten Verbindungen zu Polizei, Staatsanwaltschaft und oder Richtern auf die Füße tritt, der wird für verrückt erklärt und weggesperrt! Das erinnert mich an den anderen Skandal, wo Finanzbeamte wegen ihrer Fahndungserfolge eine ähnliche Behandlung erfahren mussten!