Vom #34C3 bis zum verfehlten Gesetz gegen Hass in Sozialen Medien

Ein kleiner Rückblick in meine letzten Wochen – ausschnittartig zu zwei Themen

Im Dezember fand zum 34. Mal zwischen Weihnachten und Neujahr der Chaos Communications Congress statt (deshalb „34C3“), der gern „Hackerkongress“ genannt wird, aber sehr viel mehr ist, nämlich ein viertägiges event, auf dem soziale, technologische und kulturelle Aspekte der digitalen Revolution eine Rolle spielen, von Überwachung durch Gesichtserkennungskameras am Bahnhof Südkreuz und Sicherheitslücken bei der Ladeinfrastruktur für eAutos, Herausforderungen bei Landwirtschaft 4.0 über digitale Bildung oder diskriminierende Algorithmen bis hin zur Manipulation der Bevölkerung durch das Social Scoring System in China, bei dem der Staat Big Data dazu verwendet, um jedem Menschen einen veränderlichen Punktewert zuzuordnen, der bei Wohlverhalten steigt (ein lobender Tweet über die Regierung) und bei Fehlverhalten sinkt (Verhaltensregeln der Staatsbahn verletzt, Trunkenheit am Steuer, das Liken kritischer Websites im Internet) und der auch davon abhängt, wie hoch der Punktewert von Freunden und Verwandten ist. Es kann einem einerseits gruselig werden bei dem, was man auf dem Kongress so aus aller Welt an neuen Entwicklungen erfährt, andererseits hört man auch viel über gute Beispiele, kann sich miteinander vernetzen, und von anderen lernen, wo man politisch auf eine kluge Weichenstellung achten muss, um Auswüchse und Mißbrauch zu verhindern. Politik spielt immer auch eine große Rolle, so gab es einen Insiderreport vom NSA Untersuchungsausschuss im Bundestag, einen Vortrag zum Verbot der Linksunten Plattform von Indymedia und einen Vortrag von Peter Schaar, dem früheren Bundesdatenschutzbeauftragten zur Gefährdung unserer Sicherheit durch Massenüberwachung.

Guerillaknitting beim #34C3

Ich habe auch in Leipzig meiner Guerillaknitting Leidenschaft gefrönt…

Dieses Jahr fand der Kongress mit 16.000 Besuchern in Leipzig auf dem Messegelände statt. Ich habe viel mitgenommen für meine Arbeit als künftige netzpolitische Sprecherin der Linksfraktion und habe nebenbei auch einige Interviews gegeben, unter anderem dem Deutschlandfunk und Jung & Naiv. Im Video-Interview mit Thilo Jung von Jung & Naiv reden wir über meine Erfahrungen und Ziele im Bundestag, über Überwachung und demokratische Freiheitsrechte, über meine Erfahrungen mit der Stasi zu DDR Zeiten und vieles Andere mehr. Nachsehen kann man die 55 Minuten hier . Wer durch die Vorträge des 34C3 stöbern möchte, findet sie als Videoaufzeichnung hier.

Bildquelle Screenshot Jung & Naiv Video: https://www.youtube.com/watch?v=3AotesS9nvE&t=7s

Bildquelle Screenshot Jung & Naiv Video: https://www.youtube.com/watch?v=3AotesS9nvE&t=7s


Nach Neujahr habe ich erst einmal eine gute Woche Urlaub gemacht, der dann aber auch nicht frei von Arbeit war, denn zum 1. Januar 2018 wurde das sogenannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz scharf geschaltet und führte prompt durch eine Provokation von Beatrix von Storch (AfD) auf Twitter und Facebook zu einer heftigen öffentlichen Debatte, denn es ging um Löschungen und Sperrungen strafrechtlich relevanter Postings in großen sozialen Netzen. Da ich zu genau diesem Thema im Dezember meine erste Rede im Bundestag gehalten hatte, erreichten mich täglich Anfragen von Medien, so dass ich bis zum Ende meines Urlaub 10 Interviews geführt hatte, vor dem Frühstück, an der Autobahn, nach dem Abendbrot… zum Glück hatte mein Mann Daniel Verständnis dafür, dass man in solchen Fällen den Medien nicht sagen kann, sie sollen nächste Woche noch mal fragen, denn dann ist ein Thema durch und es fragt niemand mehr. So ist es gelungen, unsere Position klar und deutlich in diese deutschlandweite Debatte einzubringen und auch auf unseren Gesetzentwurf (pdf) hinzuweisen, der die nützlichen Bestandteile des NetzDG beibehalten möchte (nationale Ansprechpartner, die auch erreichbar sind für Nutzerinnen und Nutzer, effektive und transparente Beschwerdeprozesse und eine Berichtspflicht über ihre Anwendung), diejenigen aber, die zu einer Privatisierung der Rechtsdurchsetzung und einer nicht zulässigen Einschränkung der Meinungsfreiheit führen, wieder außer Kraft zu setzen. Ein Beispielinterview aus meinem Urlaub kann man hier nachhören (Deutschlandfunk):  und hier nachlesen (NDR). Meine erste Rede im Bundestag