Lektionen aus dem Facebook – Cambridge Analytica Skandal

Seit einigen Tagen wird die öffentliche Debatte bestimmt durch einen unglaublichen Vorgang, der durch einen Whistleblower und investigative Journalisten des britischen Senders Channel 4 bekannt geworden ist, von dem Facebook allerdings seit 2015 (!) bereits Kenntnis hatte, ohne seine Nutzer*innen zu informieren.
Kurz zusammengefasst ist Folgendes passiert (ausführlicher ist alles z.B. HIER beim britischen Guardian beschrieben, die ganze Sammlung vom Guardian gibts HIER):

  • Ein Forscher der Cambridge University und Gründer eines Unternehmens (der laut eines Guardian Berichts auch staatliche Gelder für seine Forschungen zu Emotionen von Facebook Nutzer*innen aus Russland erhielt) hatte mit seinem Unternehmen über einen Persönlichkeitstest auf Facebook Daten nicht nur von den Nutzer*innen gesammelt, die diesen Test freiwillig und gegen ein Entgelt ausgefüllt haben, sondern auch von deren Freundinnen und Freunden, die dieser Datenverwendung nie zugestimmt haben.
  • Diese Daten von etwa 50 Millionen Facebook Nutzer*innen wurden später ohne Zustimmung von irgendeinem der Nutzer weitergegeben an die Firma Cambridge Analytica, die diese Insider Informationen über den Charakter und sensible Persönlichkeitsmerkmale verwendet haben, um den Wahlkampf in den USA zugunsten von Donald Trump zu beeinflussen.
  • Über Cambridge Analytica wurde durch investigative Recherchen und versteckte Kameraaufnahmen bekannt, dass sie in anderen Ländern Wahlen manipulierten und zu weiterer Wahlmanipulation bereit sind, sowohl auf digitalem Wege (z.B. über Facebook) als auch auf analoge Art und Weise, z.B. durch Rufschädigung von Opponenten mittels gekaufter Prostituierter oder Bestechung.
  • Facebook wirft zwar Cambridge Analytica von seiner Plattform, aber mehr passiert nicht. Auch keine ausführliche Aufklärung der Öffentlichkeit.

 
Das ist ein erschütternder Skandal, da er die Basis der Demokratie berührt, denn es geht um Manipulation eines Kernprozesses der Demokratie – die Wahlen. Gerade besonders kontroverse und überraschende Wahlentscheidungen der letzten Zeit (Trump-Wahl und Brexit) waren jedoch äußerst knapp ausgegangen, eine derartige Manipulation kann also tatsächlich wahlentscheidend gewesen sein. Es stellen sich sehr viele Fragen, auf die die Öffentlichkeit eine Antwort erwarten muss und eine Reihe von politischen Hausaufgaben, die unverzüglich zu erledigen sind, um einen solchen Angriff auf demokratische Systeme und den Missbrauch von Kundendaten künftig zu verhindern. Wir haben schließlich keinerlei Gewissheit, dass es nicht auch uns betrifft.

Digitale Monopole wirksam bekämpfen

Zuerst braucht es endlich eine wirksame Beschränkung der Marktmacht digitaler Monopole. Für analoge Monopole gibt es diesbezügliche Gesetzgebung, die auch angewendet wird, etwa um Fusionen zu verhindern, die eine übergroße Marktmacht schaffen würden, oder um Monopole zu zerschlagen, die ihre Marktmacht missbraucht haben. Im Digitalen sind die Monopole größer als je zuvor, aber alle Regierungen lassen sie einfach machen. Facebook hat über eine Milliarde Nutzer*innen weltweit – eine solche Marktmacht hat kein einziges anderes Unternehmen. Die EU hat aber eine halbe Milliarde Einwohner*innen und eine wirtschaftliche Bedeutung, die es ihr ermöglicht, digitale Monopole in ihrem Einfluss zu beschränken und damit die Missbrauchs Möglichkeiten einzuschränken, die mit monopolistischer Marktmacht einhergehen.  Über verpflichtende offene Schnittstellen und einem Mitnahmerecht von Nutzerdaten zu Wettbewerbern ließe sich der Netzwerkeffekt von sozialen Diensten wie Facebook verringern, der aktuell wie ein „Lock-In“ verhindert, dass alternative Dienste eine Chance bekommen. Die extreme Marktmacht so großer und finanzstarker Unternehmen in Verbindung mit ihrem ausgeprägten Lobbyismus auf allen politischen Ebenen, ist ebenfalls eine potenzielle Gefährdung demokratischer Prinzipien, denn wenn Regulierer glauben, einem so großen Unternehmen nicht mehr beikommen zu können, weil es zu viel Marktmacht hat, dann haben wir als Gesellschaft verloren.

Einfache AGB und Opt In für nicht notwendige Nutzerdaten

Zweitens braucht es endlich strenge Vorgaben dazu, wie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gestaltet werden müssen. Heute sind sie extra so geschrieben, dass niemand sie liest, aber alle ihr Häkchen bei „Habe ich gelesen und akzeptiere ich“ setzen. Wie bei Medikamentenbeipackzetteln müsste es standardisierte Vorgaben geben, die jeder Mensch sofort versteht und die einfach und übersichtlich auf einer halben Seite Auskunft dazu erteilen, welche Daten zu welchem Zweck gesammelt und an wen sie ggf. weitergegeben werden. Die Nutzungsmöglichkeit eines Dienstes oder einer App darf niemals davon abhängen dürfen, dass man dem Teilen von Daten zustimmen muss, die für den Betrieb dieses Dienstes gar nicht erforderlich sind. Ein Beispiel dafür ist die Taschenlampen-App, die man nur nutzen konnte, wenn man sein Adressbuch mit dem Hersteller teilte. Adressen braucht man nicht für eine Taschenlampen-App, eine solche Datenfreigabe sollte also nur freiwillig aber nicht als Voraussetzung für die Nutzung erfolgen dürfen – das muss dringend reguliert werden.

Transparenz und Privacy by Design

Drittens müssen digitale Dienste viel transparenter als bisher darin sein, welche Daten sie sammeln und nutzen und dürfen sich nicht hinter komplizierten Menüs verstecken, wo man nur mit viel Herumsuchen herausfindet, an welchen Stellen man irgendwelche Haken anders setzen muss, um die eigenen Daten besser zu schützen. Die Zustimmung zum Teilen eigener Daten muss in der Realität eine informierte Entscheidung sein und nicht ein Hinnehmen, nur weil man die richtigen Einstellungen auf dem Smartphone nicht finden konnte oder gar nicht wusste, dass im Hintergrund irgendwelche Häkchen zum eigenen Nachteil bereits voreingestellt waren.

Aufklärung – auch in Deutschland

Dieser Skandal wird durch ein britisches Unternehmen (Cambridge Analytica) verursacht und betrifft vor allem US-Amerikanische Nutzer*innen eines US-Amerikanischen Unternehmens. Aber bekanntlich ist Facebook ein global aktives Unternehmen mit 30 Millionen aktiven Nutzer*innen auch in Deutschland. Niemand kann bisher sagen, ob deutsche Nutzer*innen nicht betroffen sind. Und überhaupt wissen wir gar nicht, ob neben Cambridge Analytica nicht auch andere Unternehmen andere Dienste, Spiele oder lustigen Umfragen („welche historische Berühmtheit bist Du? Welches Tier bist Du?“ Welcher Schauspieler bist Du?“ etc) eingesetzt haben, um auch in Deutschland massenhaft Daten über die Persönlichkeitsprofile von Facebook Nutzer*innen und ihren Freundinnen und Freunden zu sammeln und zu missbrauchen. Es gibt bereits Insiderberichte, nach denen das eine gängige Praxis von Unternehmen ist, von der Hunderte Millionen Facebook Nutzer*innen betroffen sein könnten. Die US Verbraucherschutzbehörde kündigte Ermittlungen an. Deutsche Datenschutzbehörden sind schon alarmiert, auch der Ausschuss Digitale Agenda plant am kommenden Freitag, 23. März 2018, eine Sondersitzung, in der Facebook Vertreter*innen Rede und Antwort stehen sollen. Die Bundesregierung hat hier eine Verantwortung, wir wollen Aufklärung und den Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger vor Manipulation und Datenmissbrauch. Facebook hat auf jeden Fall seine eigene Verantwortung gegenüber den Nutzer*innen nicht wahrgenommen und sie ungenügend vor allem gegen Datenmißbrauch durch Dritte Unternehmen geschützt – obwohl das möglich war.

Datenschutz – eine Priorität auch für die neue Bundesregierung

Aus dem Kanzleramt war kurz nach Ernennung der Regierung zu hören, Datenschutz sei ja so 18. Jahrhundert und müsse gelockert werden, um neue Geschäftsmodelle zu erleichtern. An dem Skandal rund um Facebook und Cambridge Analytica sehen wir, dass Datenschutz sehr wohl auch heute seine hochaktuelle Berechtigung hat und dass wir eher noch Hausaufgaben haben, um auch in einer Welt digitaler Monopole und übergroßer Marktmacht die Privatsphäre der Menschen zu schützen.

Demokratiefeindliche Geschäftspraktiken beschränken

Am Ende müssen wir auch überlegen, wie wir das gefährliche Geschäftsmodell einiger digitaler Monopole begrenzen können. Diese Modelle funktionieren vereinfacht so: Verdient wird mit Werbung. Viele Werbeeinnahmen gibt’s für viele Klicks auf Inhalte. Viele Klicks gibt es vor allem bei Inhalten, die Emotionen hervorrufen – vor allem negative – aber auch bei Fakenews. Sie werden häufiger kommentiert, geliked, geteilt – das bringt Klicks und die bringen Geld für Facebook. Das Unternehmen begreift sich zwar nur als neutrale Platform (um der Regulierung als Medienunternehmen zu entgehen), die ist sie aber schon lange nicht mehr. Es wählt die Reihenfolge aus, in der wir Inhalte angezeigt bekommen, es priorisiert und kuratiert also Inhalte. Und weil es viel verdienen will, begünstigt es Inhalte, die falsch sind oder negative Emotionen schüren. Damit schürt es Hass in unserer Gesellschaft, betont das Trennende zwischen uns und polarisiert. Dieses Geschäftsmodell ist pures Gift für eine Gesellschaft, die als Ziel ein friedliches Miteinander hat. Wir dürfen nicht länger zulassen, dass das passiert.
 

Equal Pay Day – 18.03.2018 – Die Lohnlücke beträgt immer noch 21 Prozent

Katja-YouCanDoIt-EqualPayDay2018Am 16. März debattierte der Bundestag über den Antrag der Fraktion DIE LINKE zur Durchsetzung von Equal Pay – also der Beendigung von Lohndiskriminierung aufgrund des Geschlechts, den ich besonders gern mitgezeichnet habe. Dieses Jahr ist der Equal Pay Day am 18. März, aber das ist jedes Jahr anders – warum? Equal Pay Day ist der Tag im Jahr, bis zu dem Frauen umsonst arbeiten, während Männer seit dem 1. Januar für ihre Arbeit bezahlt werden. Weil sich die konkreten Zahlen jedes Jahr ein bisschen ändern, ist der Equal Pay Day kein fester Tag im Kalender, sondern liegt mal etwas früher, mal später. Dieses Jahr ist es so, dass Frauen – gemessen am durchschnittlichen Bruttostundenlohn – in Deutschland 21 Prozent weniger verdienen.
Trotz aller schönen Reden hat sich diese Situation in den letzten zehn Jahren – und solange gibt es den Equal Pay Day schon – nicht viel geändert. Vor kurzem ergab eine neue IAB Studie, dass zumindest Vollzeit arbeitende Frauen nicht überall weniger verdienen. In Ostdeutschland gibt es sogar Regionen, in denen es andersherum ist (in Cottbus verdienen Frauen statistisch sogar 17% mehr als Männer). Das liegt aber nicht daran, dass Frauen in Ostdeutschland besser als im Westen bezahlt würden: Das werden sie nicht. Die Durchschnittseinkommen von vollzeitarbeitenden Frauen sind in Ost- und Westdeutschland ähnlich. Der Grund für den Unterschied bei den Männern ist offensichtlich, dass es in Ostdeutschland viel weniger (noch höher bezahlte) Industriearbeitsplätze gibt.
feminist-Weiberzeichen-Faust-CC0Diese Studie kommt jedoch auch gesamtdeutsch nur auf einen Gehaltsunterschied von 14%, weil sie eben nur Vollzeitarbeitende erfaßte. Fakt ist nämlich, dass fast 40% aller erwerbstätigen Frauen in Deutschland Teilzeit arbeiten und komischerweise  der geschlechtsabhängige Gehaltsunterschied für eine in Teilzeit gearbeitete Stunde höher ist, als für eine Stunde in Vollzeit. Für den Durchschnitt aller Frauen ist daher der Gehaltsunterschied höher und liegt bei den erwähnten 21%. Im Vergleich zu den anderen Ländern in Europa liegt Deutschland damit weit hinten. Nur Tschechien und Estland sind noch schlechter. Das ist natürlich völlig inakzeptabel für eins der reichsten Länder der Welt, das zudem gern für sich in Anspruch nimmt, ein besonders fortschrittliches Land zu sein. Tatsächlich scheint es manchmal so, als hätten wir das 18. Jahrhundert gerade erst hinter uns gelassen. Auch die aktuelle Auseinandersetzung um den Paragraph 219a, der das seit der Nazizeit bestehende Verbot der Information über Schwangerschaftsabbrüche beschreibt, ist dafür ein Beispiel, denn er bestraft Frauenärzt*innen, die auf ihrer Website darüber informieren, dass sie solche Eingriffe vornehmen und beschränkt damit die Chancen von Frauen, diese Informationen im Internet finden zu können. Die SPD ruderte diese Woche leider zurück und wollte ihren eigenen, einstimmig beschlossenen Antrag auf Aufhebung des Paragraphen 219a nicht mehr einbringen. Unser Antrag ist zwar auch noch da, aber die SPD hat den Schwanz eingekniffen und wird nicht mehr dafür stimmen. Die eigentlich vorhandene Parlamentsmehrheit ist damit perdu. Die GroKo fängt schlecht an für Frauenrechte.
Aber zurück zum Gehaltsunterschied: Das Problem der ungleichen Entlohnung von Frauen und Männern ist noch viel größer als die 21% Unterschied im Bruttostundenlohn. Das liegt auch an spezifischen Gründen für die ungleiche Bezahlung, wie  verschiedene Rollenzuweisungen. So leisten Frauen im Durchschnitt jeden Tag 87 Minuten mehr unbezahlte Sorgearbeit als Männer – das sind über 50 Prozent mehr Zeitaufwand, Zeit, die ihnen für Anderes fehlt. Auch dehalb arbeiten Frauen viel häufiger in Teilzeit und verdienen entsprechend weniger pro Monat – weil sich der niedrigere Stundenlohn mit einer niedrigeren Stundenanzahl multipliziert.

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Dazu kommt, dass Frauen viel häufiger in Berufen im reproduktiven Bereich arbeiten, also auch hier: soziale Arbeit, haushaltsnahe Dienstleistungen, Gesundheit, Pflege, Erziehung. Diese Berufe werden durch die Bank schlechter bezahlt als ,typische Männerberufe‘, als wäre Kindererziehung weniger Wert als die Aufgabe eines Maschinenwärters – gleichWERTIGE Arbeit wird schlicht nicht gleich bezahlt. Durch diese Effekte ist der Unterschied des durchschnittlichen Monatseinkommens von Frauen noch viel höher, als die häufiger zitierten 21% Lohnlücke im Bruttostundenlohn. Die langfristige Folge am Ende eines Arbeitslebens ist dann notwendigerweise auch ein Unterschied bei den Renten und Pensionen und der beträgt sogar  46%, Männer haben also derzeit im Alter fast doppelt so viel Geld zur Verfügung als Frauen! Diese lebenslange Benachteiligung von Frauen, die in höherer Altersarmut gipfelt, dürfen wir nicht hinnehmen. Ich setze mich deshalb nicht nur am Equal Pay Day für faire Bezahlung ein, sondern jeden Tag. Wir brauchen endlich gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit! Unser Antrag im Bundestag soll dazu beitragen.

Ein Blick in die Glaskuppel – Besuch im Bundestag aus meinem Wahlkreis

Eines meiner wichtigsten Anliegen als Abgeordnete ist Transparenz und die Nähe zu den Wähler*innen herzustellen. Das versuche ich auf verschiedenen Wegen umzusetzen: persönlich und im Internet. Im Internet berichte ich zum Beispiel live aus dem Bundestag auf Twitter (@anked) und Facebook (AnkeDomscheitBerg) oder mit Bildern und kleinen Geschichten aus dem Alltag als Abgeordnete auf meinem Instagram Account (@adomscheitberg). Persönlich möchte ich Nähe ermöglichen durch regelmäßige Termine im Wahlkreis an meinen Wahlkreistagen und durch Besuchergruppen, die mich im Bundestag besuchen kommen. Dabei kann man hautnah erleben, wo und wie Bundespolitik gemacht wird. Das Bundespresseamt organisiert dazu für jede*n Abgeordnete*n bis zu drei Fahrten nach Berlin.
Eine dieser politischen Informationsfahrten fand am vergangen Donnerstag und Freitag statt. Insgesamt waren 48 Besucher*innen im Bundestag zu Gast, die aus meinem Wahlkreis, aus Brandenburg an der Havel und Umland kamen.

Bild: Bundesregierung / Atelier Schneider

Bild: Bundesregierung / Atelier Schneider


Besonders erfreulich war, dass viele junge Menschen, Schüler*innen und Auszubildende an der Fahrt teilnahmen. Auch eine Gruppe des Humanistischen Jugendverbandes war dabei, sowie Mitarbeiterinnen der Antidiskriminierungsstelle und weitere interessierte Bürger*innen. Eine gute Stunde hatten wir Zeit für eine gemeinsame Debatte, bei der ich zuerst von meiner Arbeit und meinen Eindrücken erzählte und anschließend auf die vielen Fragen antwortete.
An dem Tag hatte ich gerade zwei Stunden mit einer Delegation aus Südkorea und anderen Abgeordneten aus dem Ausschuss Digitale Agenda über Fragen der Digitalisierung gesprochen. Ich fand sehr interessant, dass meine Gäste aus dem Wahlkreis viele ähnliche Fragen bewegten, wie wir sie mit den Südkoreaner*innen diskutiert hatten, etwa zur Zukunft der Arbeit, der Notwendigkeit für lebenslanges Lernen und neue Anforderungen an soziale Sicherungssysteme. Aus der Vielfalt der persönlichen Hintergründe ergaben sich auch noch andere Fragen – wie zu meiner Position zur Legalisierung von Cannabis, zur Frauenpolitik und Gleichberechtigung und vor allem zum Bedingungslosen Grundeinkommen. Das BGE war das Thema, das die Jugendlichen und Erwachsenen am meisten bewegte. Allen war klar, dass durch die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt, die die Digitalisierung mit sich bringt, ein neues Konzept für die soziale Sicherung der Menschen her muss. Auch am Ende der Diskussion blieb ein Wunsch nach weiterer Debatte, ich versprach sie bei einem künftigen Termin im Wahlkreis weiter zu führen.
Ich brachte meine Gruppe noch bis zur Tribüne des Plenarsaals unter der berühmten Glaskuppel im Bundestag, musste aber selbst wieder runter in den Plenarsaal, da es spannende Debatten gab, die ich nicht verpassen wollte. An dem Tag stand noch unser Antrag zur Einführung eines Lobbyregisters auf der Tagesordnung aber auch die Debatte zur Abschaffung des §219a Strafgesetzbuch, der jegliche „Werbung“ für Schwangerschaftsabbrüche verbietet. Gerade vor wenigen Wochen war eine Ärztin verurteilt worden, die nur eine zweizeilige Information auf ihrer Arzthomepage hatte, wo als Teil ihrer Leistungen auch die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen erwähnt war. Die Nazis hatten diesen Paragrafen eingeführt, wir wollen dieses Gesetz endlich aufheben, denn es kriminalisiert Ärzt*innen aber auch ihre Patientinnen. Deshalb konnte ich leider auch nicht meine Besuchergruppe zum Abendessen begleiten, denn diese Debatte ging bis nach 22 Uhr.
Am zweiten Tag erfuhr meine Besuchergruppe bei einer Führung durch Berlin noch allerhand Wissenswertes über die wichtigsten politischen und historischen Stationen der Hauptstadt. Zum Abschluss lud das Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf eine Diskussionsrunde ein, wo die Teilnehmenden ihre Fragen zur Politik des Ministeriums unter Frau Barley loswerden konnten. Besonders tagespolitische Themen wie die Alters- und Kinderarmut, aber auch Schwangerschaftsabbruch und Familienplanung interessierten die jungen Menschen aus Brandenburg, erzählte mir meine Wahlkreismitarbeiterin Claudia Sprengel, die meine Gäste an beiden Tagen begleitete. Lebhaft wurde zum Beispiel darüber diskutiert, warum Verhütung denn nicht kostenlos sei und warum sich so wenig junge Paare für Kinder entscheiden. Die Diskussionsfreudigkeit aller Teilnehmenden fand ich sehr erfreulich, denn sie zeigt auch, dass solche Informationsfahrten ihr Ziel nicht verfehlen: Die Distanz zwischen Politik und Bürger*innen zu verringern und Interesse am politischen Geschehen zu wecken.