****** TERMINÄNDERUNG: der ursprüngliche Termin – 6. Dezember 2013 – wird sturmbedingt (Xaver…) verlegt auf den 12.12.13 ******
Von mir ist schon bekannt, dass ich hier und da Dinge einstricke, die sonst eher ohne wollige Verschönerung zu finden sind: Bäume, Panzer, Flugzeuge, Straßenlaternen, Mülleimer, Bänke oder die Pfosten von Verkehrszeichen. Ich mache das immer wieder, überall auf der Welt, z.B. in Warschau, Belgrad, Wien, Helsiniki, Berlin und an allen vielen anderen Orten. Ich mache das oft unter meinem Künstlerinnennamen Anna Maria Nitthaeck (auf Twitter @Nitthaeck). Anna Maria schreibt noch seltener für ihren Blog, aber ein paar Texte (leider nur auf englisch) gibt es dort doch, man findet sie unter www.randomactsofknitting.wordpress.com.
Aber jetzt habe ich etwas Anderes vor, denn mich erreichte eine Inspiration aus Wien von S.M.Steinitz von einem Baum in Wien, der wunderschön in Spitze gehüllt war. Die Anregung kam mit diesem Tweet:
Solche Bäume habe ich im Internet hier und da schon gefunden, sie sind selten und jeder etwas anders aber alle sind Augenweiden.
Mein erster Gedanke war: So etwas will ich auch mal machen! Vom ersten Gedanken bis zum ersten Plan dauerte es nur ein paar Stunden…noch in der gleichen Nacht suchte ich das Internet ab nach Spitzendeckchen 🙂
Und das ist mein Plan:
Am
Der Erste Baum…
…steht genau vor dem Weihnachtspostamt. Es ist eine Linde, deren Krone man zu einem rundem Knubbel zurechtgestutzt hat und die daher einen schönen, geraden und gleichmäßigen Stamm hat aber keine weiteren Äste, die sich oben verzweigen. Die Krone wird aus vielen kleinen Zweigen gebildet, die gemeinsam eine Art Kugel bilden. Der Stamm hat einen Umfang von 1,50m bis 1,85m und ist über 2m hoch. Da paßt eine ganze Menge Spitze ran…
Ein Teppich in meinem Haus hat ungefähr die Maße des Baumstamms auseinandergeklappt – das ist sehr praktisch, dort habe ich bereits über 80 Deckchen ausgelegt, passende Strukturen einander zugeordnet und begonnen, die Deckchen zusammenzunähen (das ist viel mehr Arbeit als ich dachte, in einer sehr ungesunden Haltung – meine armen Knie!). Das alles erst am 6.12. direkt am Baum zu machen, würde viel zu lange dauern und schwerkraftbedingt auch viel komplizierter sein. Der gerade und glatte Stamm macht das Vorarbeiten zum Glück möglich. Und so sieht der mit Spitzendeckchen belegte Teppich aus – am 6.12. werden alle diese Spitzen den Baum vor dem Weihnachtspostamt schmücken und ihn in eine Säule aus Schneekristallen verwandeln!
Der zweite Baum…
…steht auf dem Mittelalter-Weihnachtsmarkt (er ist für einen Besuch sehr zu empfehlen!), der direkt hinter der Weihnachtspost beginnt und sich bis zum See von Himmelpfort erstreckt.
Das Gelände ist wie geschaffen für einen romantischen Markt, denn links und rechts wird es von mit Grün berankten Ruinen aus Backstein begrenzt. Der Baum steht in der Mitte einer schönen, großen Wiese und erhebt sich hoch und mit majestätischer Krone (hier wird später ein Foto ergänzt). Mit Spitzen umgarnt, muss er einfach faszinierend aussehen! Aber die Umsetzung wird zur Herausforderung: der Untergrund ist uneben, der Stamm viel höher und viel dicker und auch nicht gerade regelmäßig. Sein Umfang mißt stattliche 2,50m am unteren Ende, nur etwa 60cm weniger an den schmaleren Stellen. Da müssen auf jeden Fall die größeren Spitzendecken her. Der Stamm teilt sich nach ca. 1,85m in einige starke Äste, die geradezu danach schreien, ebenfalls verschönt zu werden. Aber das ist schon recht hoch (die Äste wachsen ja wenig überraschend Richtung Himmel) und die Wiese ist um den Baum herum leider nicht eben. Ob das daher alles so klappt mit den Leitern und dem Befestigen, werde ich erst am
Update vom 12.12.2013: ich habe mich kurzfristig für einen anderen Baum entschieden, eine kurz dahinter stehende Fichte. Details gibts im Bericht zur Aktion!
Unterstützer und Helferinnen
Helfen werden mir die Betreiber des “Haus des Gastes” vor Ort, vor allem mit Leitern – ohne die geht gar nix. Unterstützung kommt auch von den Frauen, die sich schon seit etlichen Jahren in Fürstenberg/Havel regelmäßig treffen, um für einen guten Zweck zu stricken. Sie wollen weiße Bommeln beisteuern, die wir in den Baum hängen werden. Auch aus Berlin kommt Hilfe :-), von der Mühle Himmelpfort und aus Erkner.
Der Zeitplan – von Nikolaus bis Neujahr
Am 5.12. treffen sich die strickenden Frauen von Fürstenberg/Havel um 13:30 Uhr zu einem Vorbereitungstreffen bei mir im havel:lab in Fürstenberg.
Am 12.12. werde ich ab 9:30 Uhr (vielleicht wirds auch 10:00) in Himmelpfort eintreffen und vorraussichtlich mit dem Baum vor dem Weihnachtspostamt beginnen. Ich habe keinen Schimmer, wie lange das dauert, aber da die Deckchen größtenteils bereits zusammengenäht sind, bin ich vielleicht schon in einer Stunde fertig.
Am 12.12. vorr. ab 11:00 Uhr werde ich den zweiten Baum in Angriff nehmen und hoffe, ich scheitere mit dem Vorhaben nicht, da die Rahmenbedingungen doch schon etwas kompliziert sind. Wir werden es sehen… Unterhaltsam wird es ganz bestimmt, dabei zuzuschauen, wie ich um den Baum klettere und versuche, Spitzendeckchen um den Baum zu befestigen. Ich hoffe nur, es regnet und schneit nicht, denn dann wird es fast unmöglich.
Am 12.12. um 12:00 Uhr ist die offizielle Übergabe an den Ortsvorsteher Lothar Kliesch durch mich und den Weihnachtsmann. Ja, der Weihnachtsmann wird höchst selbst mein Geschenk an Himmelpfort und seine Besucher*innen mit überreichen. Die Übergabe ist natürlich symbolischen Charakters und eigentlich ist es ja auch eher eine Leihgabe…
Anfang Januar werde ich die Spitzen dann wieder abmachen, die bis dahin hoffentlich von Vandalen noch unbeeinträchtigt sind. Vielleicht lasse ich aber auch einen Teil dran – das entscheide ich wenn es soweit ist.
“Warum macht sie das?! Warum Spitzendeckchen?!”
Falls sich jemand die ganze Zeit fragt, warum zur Hölle ich Bäume in Spitzengewänder stecke – hier ein paar Antworten:
- Guerillastricken/-häkeln bedeutet, die Umwelt mit textilem Material zu verschönern, da wo sie besonders häßlich ist (Bauzäune, Militärflugzeuge, Panzer und dergleichen) oder da, wo sie besonders schön ist (Bäume, Brücken…).
- Die ungewöhnliche Kombination aus Schneekristall-Spitzen an einem Baum verändert die Sicht auf beides – die Spitzendecken und den Baum. Diese Kombination ist pure Ästhetik, die sich jedem Betrachter erschließt. Baum und Spitzen vereinen sich zu einem Kunstwerk, das nicht im Museum eingesperrt und nur für Geld anschaubar ist, sondern das genau dort ist, wo auch die Menschen täglich vorbeigehen, die das Kunstwerk nicht nur sehen, sondern auch anfassen können.
- Himmelpfort ist ein romantischer kleiner Ort in meiner neuen Heimat, der auch in der Weihnachtszeit ein beliebtes Ausflugziel ist. Dort flanieren sehr viele Menschen im Advent und ihnen allen möchte ich den Baumschmuck zum Geschenk machen. Mögen sie sich daran erfreuen, möge er ihren Alltag verschönern, sie etwas zum Staunen bringen und allen zeigen, was man für großartige Dinge nur mit Nadel und Faden zustande bringen kann.
- Die Verwendung der Spitzendeckchen ist keineswegs eine Mißachtung der darin investierten Handarbeit sondern Anerkennung durch Ausstellung und Verarbeitung in einem öffentlichen Kunstwerk. Es ist für die Schöpfer*innen dieser textilen Schneekristalle sicher eine befriedigendere Vorstellung, täglich Menschen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, als in einer Schublade unbenutzt und unbeachtet vor sich hin zu modern.
- Jeder Baum wird zur Ausstellung und zum Hohelied auf die Handwerkskunst vor allem von Frauen, die mit Nadel und etwas Garn aus dem Nichts filigrane Kunstwerke schufen. Die Vielfalt der Muster, Handwerkstechniken und die Feinheit der Details beeindrucken sicher jeden, der vor einem dieser Spitzenbäume stehen wird. Mich haben sie auf jeden Fall sehr beeindruckt, zum Beispiel als ich die ca. 200 Deckchen mit Andacht bügelte.
- Ich liebe selbst textiles Handarbeiten, seit meinem 10. Lebensjahr habe ich nie aufgehört, mich damit zu beschäftigen. Vor allem alte Techniken haben es mir angetan, viele brachte ich mir mit einem uralten Buch – dem Klassiker seiner Zeit am Ende des 19. Jahrhunderts – selbst bei.
Ich habe geklöppelt, Reticella-Spitzen mit der Nadel gezaubert, Occhi-Spitzen (auch Schiffchenspitzen) mache ich noch heute; ich flocht Fäden durch schmale Streifen Tüll, um dadurch Spitze im Meter entstehen zu lassen, habe Nadelmalereien gestickt und etliches andere. Natürlich habe ich auch gehäkelt (selbst mit den winzigsten Nadeln) und gestrickt. Mich faszinieren diese Techniken und so habe ich noch zu DDR Zeiten freie Textilkunst studiert, Schwerpunkt Stickerei und sowohl mit der Hand als auch mit einer alten Handstickmaschine (Kurbelmaschine) Stickereien entworfen und umgesetzt. Diese Spitzenbäume sind eine Hommage an das textile Handwerk und für mich auch Erinnerung an die Zeiten, in denen ich besonders viel solcher Dinge selbst gemacht habe – die Achziger Jahre.
Spitzendeckchen-Spenden gesucht!
Mein Vorrat wird vielleicht nicht ganz dafür reichen, deshalb freue ich mich weiterhin über Spenden von Spitzendecken, gehäkelt, gestrickt, geklöppelt – ganz egal, auch kleine Fehler oder Fleckchen sind kein Problem, das kann ich verstecken oder reparieren. Jede Größe ist verwendbar, vom Minideckchen mit 5cm Durchmesser bis zur großen Decke. Ich nehme auch nach dem 12.12. noch gern welche an, dann kann ich den Baum an den folgenden Tagen noch weiter verschönern oder sogar einen weiteren Baum in Angriff nehmen. Wer etwas spenden möchte – am besten das Kontaktformular auf dieser Website ausfüllen! Wer mit seiner Spende genannt werden möchte – einfach Bescheid sagen. Vielleicht hat ja jemand noch in einer Schublade die Deckchen von Oma liegen und sowieso keine Verwendung mehr dafür. In Himmelpfort würden sie viele Menschen wochenlang erfreuen und bestimmt auf vielen Bildern wieder auftauchen und so noch ein wenig berühmt werden auf ihre alten Tage. Sie werden Teil eines Kunstwerkes – á la “Kunst am Baum”.
Anreise
Wer am 12.12. oder irgendwann danach die Spitzenbäume in Augenschein nehmen und vielleicht dabei auch den Weihnachtsmarkt besuchen will, der findet Himmelpfort im Landkreis Oberhavel, ca. 80km nördlich von Berlin (Kartenlink). Der nächste Bahnhof ist in Fürstenberg/Havel, wenige Kilometer entfernt. Fürstenberg ist von Berlin mit der Regionalbahn im stündlichen Takt in 55min zu erreichen.
Feedback?
Ich freue mich über Feedback zur Aktion, vor allem auch über Links zu Berichten, die irgendwo darüber erschienen sind 🙂
Update 12.12.2013 – einen Bericht zur Aktion gibt es HIER.