Petition an die EU: Massenüberwachung muss verboten werden, unser Datenschutz gestärkt

Petition an die EU - gegen TemporaMeine erste Petition, die sich an Kanzlerin Merkel richtete und sich auf der US Überwachungsprogramm PRISM bezog, hat in knapp zwei Wochen mehr als 40.000 Unterschriften erhalten. Sie bezog sich auf den Besuch des US Präsidenten Obama, der nun Geschichte ist. Seitdem hat sich einiges getan: aus England wurde bekannt, dass mit TEMPORA ein noch größeres und umfassenderes Massenüberwachungsprogramm genutzt wird, um unser aller Kommunikation zu überwachen, diesmal durch den britischen Geheimdienst. Edward Snowden, der Whistleblower, durch den alles das ans Tageslicht kam (Danke, Edward!) ist auf der Flucht, die USA hat ihn der Spionage angeklagt, seine Zukunft ist ungewiß.
Es gibt also noch viel mehr Grund zur Empörung und noch viel mehr Grund dazu, Druck auszuüben auf unsere gesetzlichen Vertreter, hier für strukturelle Veränderungen zu sorgen, damit diese unfassbaren Massenüberwachungen endlich aufhören, die ganze Bevölkerungen unter Generalverdacht stellen und abhören, als wären wir alle Verbrecher. Wir brauchen Veränderungen nicht nur in der deutschen Gesetzgebung und Kontrolle der deutschen Geheimdienste sondern auch auf europäischer Ebene, damit Programme wie TEMPORA nicht mehr möglich sind und wir Bürgerinnen und Bürger einen Schutz der EU davor genießen.
Ich habe deshalb heute eine Petition gestartet, die sich an das EU Parlament und an die EU Kommission richtet und folgenden Wortlaut hat:

Wir Bürgerinnen und Bürger sorgen uns, weil wir Ziel von Massenüberwachungen sind und unsere Freiheitsrechte verletzt sehen. Wir fordern daher einen Untersuchungsausschuss beim EU Parlament zur Aufklärung der jüngsten Überwachungsskandale, ein Verbot der Weitergabe von europäischen Nutzerdaten an ausländische Geheimdienste sowie der gegenseitigen Bespitzelung der Bevölkerung von Mitgliedsländern, das Anstoßen eines internationalen Abkommens zur Überwachungsabrüstung und einen gesetzlich verankerten Whistleblowerschutz in Europa, um auch künftig ein Fehlerkorrektiv gegen Rechtsverletzungen zu ermöglichen.
Petition an
Martin Schulz, Präsident des Europäischen Parlamentes
José Manuel Durão Barroso, Präsident der Europäischen Kommission
Wir Bürgerinnen und Bürger sorgen uns, weil wir unsere Freiheitsrechte verletzt sehen und nicht in einer Kultur der Überwachung leben möchten, in der wir alle unter Generalverdacht gestellt werden. Deshalb möchten wir Sie bitten, unsere nachfolgenden Forderungen ernst zu nehmen und für Europa aber auch international eine Kehrtwende anzustoßen.
1. Transparenz schaffen: Wir fordern das EU-Parlament auf, einen Untersuchungsausschuss einzuberufen, der die Massenüberwachung europäischer Bürgerinnen und Bürger durch alle bisherigen Überwachungsprogramme wie PRISM und TEMPORA aufklärt und insbesondere transparent macht, wer davon Kenntnis hatte und welche EU Rechtsgüter dabei verletzt worden sind.
2. Datenschutz stärken: Wir fordern die Stärkung des europäischen Datenschutzes. Die neue EU Datenschutz-Grundverordnung muss ein Verbot von Datenlieferungen an ausländische Geheimdienste enthalten und die gegenseitige Bespitzelung von Mitgliedsstaaten untersagen. Datenschutz muss das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verwirklichen.
3. Massenüberwachungsprogramme verbieten: Nach unserem Rechtsverständnis dürfen Menschen ohne Vorliegen eines konkreten Verdachtes und ohne richterlichen Beschluss nicht überwacht und damit unter Generalverdacht gestellt werden. Daher fordern wir Massenüberwachungsprogramme in der EU grundsätzlich zu verbieten.
4. Überwachung international abrüsten: Wir fordern das EU-Parlament und die EU-Kommission auf, ein internationales Abkommen zur Überwachungsabrüstung zu initiieren, um anlasslose Massenüberwachung überall auf der Welt einzuschränken.
5. Whistleblower gesetzlich schützen: Wir fordern die gesetzliche Schaffung einer Möglichkeit für politisches Asyl und Schutz für Whistleblower auf europäischer Ebene. Whistleblower wie Edward Snowden, über den die Weltbevölkerung erst von der Massenüberwachung durch US amerikanische und britische Geheimdienste erfahren hat, sind ein wichtiges Korrektiv bei Fehlentwicklungen in einer Demokratie und müssen vor Strafverfolgung geschützt werden.
Mit freundlichen Grüßen
(Unterzeichnende der Petition)

Diese Petition wird es auch auf anderen Sprachen geben und ich hoffe, dass sie viele Bürgerinnen und Bürger in ganz Europa unterschreiben werden.
Bitte helft mit, Unterschriften zu sammeln und die Petition zu verbreiten! Hier ist der noch einmal der Link:
Lang: http://www.change.org/de/Petitionen/eu-parlament-und-eu-kommission-überwachung-abrüsten-datenschutz-stärken-whistleblower-schützen
Kurz: http://www.change.org/tempora
Heute morgen kam im ZDF Morgenmagazin ein Interview mit mir zu TEMPORA, eine ungekürzte Version gibt es in der Mediathek des ZDF –  HIER .
Wer noch ein sehr gutes Interview von Datenschutzbeauftragten Peter Schaar zu PRISM und TEMPORA lesen möchte, der kann das HIER tun.
UPDATE 27.06.2013
Die Petition gibt es jetzt auch auf English – Link: https://www.change.org/petitions/eu-parliament-and-eu-commission-stop-mass-surveillance-protect-our-data-and-our-whistleblowers
Und in der FAZ vom 25.06.2013 erschien ein sehr lesenswerter Artikel von Georg Mascolo.

Interview mit dem ZDF Morgenmagazin zum Überwachungsprogramm TEMPORA

ZDF MoMa screenshotAm 26.06.2013 habe ich für das ZDF Morgenmagazin ein Interview gegeben, in dem es um das Massenüberwachungsprogramm TEMPORA ging, mit dem der britische Geheimdienst große Teile der deutschen Internetkommunikation angezapft hat.
Dabei stellen sich jede Menge Fragen auch an unsere Politik:

  • Welchen Umfang hatte und hat diese Bespitzelung unserer Bevölkerung?
  • Auf welcher „Rechtsgrundlage“ ist sie erfolgt bzw. welche Rechtsgüter wurden konkret verletzt
  • Wer in Deutschland hat davon gewußt?
  • Wenn (nach eigener Aussage) nicht einmal unser Geheimdienst etwas davon wußte – was ist dieser Geheimdienst dann noch wert?
  • Wenn unser Geheimdienst (und ggf. andere Behörden und die Politik) davon wußten – warum wurde es verschwiegen? – und welche Grundrechtsverletzungen bedeutet das?
  • An welcher Stelle hat unsere parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste versagt?
  • Wie verhindern wir, dass wir weiterhin von ausländischen Geheimdiensten – selbst von Mitgliedsstaaten der Europäischen Union – überwacht werden, als wären wir ein Volk von Schwerverbrechern?
  • Wie müssen wir unser Rechtssystem so verändern, dass auch in einer digitalen Gesellschaft unsere verfassungsrechtlichen Grundrechte geschützt sind – also etwa elektronische Briefe so wie die aus Papier oder Fotos auf unseren Festplatten genauso wie Bilder im Fotoalbum zuhause?

Auf diese Fragen bin ich im Interview eingegangen und HIER kann man es sich vollständig anschauen.