Terminhinweis: am 09.07.2014 – debattiere ich mit meinem Mann bei Markus Lanz zum Überwachungsskandal

Auch mehr als ein Jahr nach Beginn des NSA-Überwachungsskandals vergeht kein Tag, ohne das die Medien neue Enthüllungen daraus veröffentlichen. Ständig werden wir mit weiteren erschreckenden Details überrascht – wobei, eigentlich überrascht einen ja inzwischen nichts mehr, nicht einmal ein BND Mitarbeiter, der für den CIA den NSA-Untersuchungsausschuss gegen Geld ausspioniert und sich dann per Googlemail (!!!) dem russischen Geheimdienst anbietet, natürlich auch für Geld.

Ausschnitt aus Spiegel Online " Spionage-Affäre beim BND: Alle Spuren führen in die USA", Matthias Gebauer, 06.07.2014

Ausschnitt aus Spiegel Online “ Spionage-Affäre beim BND: Alle Spuren führen in die USA“, Matthias Gebauer, 06.07.2014


Fast könnte man wieder Hoffnung bekommen, bei soviel Inkompetenz in unseren Geheimdiensten. Aber das war jetzt Sarkasmus und  nicht ernst gemeint. Wir können uns gar nicht genug Sorgen machen um den Zustand unserer Demokratie.
Bundestagspräsident trägt Überwachung „mit Fassung“, Bundestag applaudiert
Der NSA Untersuchungsausschuss wird aktiv von der Bundesregierung an der Aufklärung behindert, indem die Anhörung des wichtigsten Zeugen, Edward Snowden, verhindert wird. Der Bundestagspräsident Lammert trägt die vollständige Überwachung aller Bundesbürger – sich eingeschlossen – mit Fassung, eine Mehrheit im Bundestag lacht dazu und findet das witzig, klatscht auch noch Beifall, statt vor Entsetzen aufzustehen und Protestrufe zu skandieren.
YouTube: Schlagabtausch Gysi - Lammert am 25.06.2014 im Bundestag

YouTube: Schlagabtausch Gysi – Lammert am 25.06.2014 im Bundestag


Wie wenig kann eine Volksvertretung denn noch das Volk vertreten? Wie falsch kann eine Regierung die Prioritäten denn noch definieren? Wie sehr kann sie sich noch den USA anbiedern und die Interessen der eigenen Wählerinnen und Wähler verraten? Was muss noch passieren, damit das Volk zu Hunderttausenden auf die Straße geht, um die Regierung vor sich her zu treiben und endlich zum Handeln zu zwingen? Wie kommt es, dass die meisten Menschen es offenbar nicht empört, dass ihre Bundeskanzlerin in China einen Sack Reis umschubst, statt harte Regierungsarbeit zu machen und ihre Aufgabe als oberste Kontrolleurin der deutschen Geheimdienste zur Abwechslung einmal ernst zu nehmen und ganz hoch auf die politische Agenda zu setzen – da wo sie seit mehr als einem Jahr hingehört?
Es gibt kein räumliches Entrinnen mehr in einem globalen Überwachungsstaat

Markus Lanz - Logo Um diese und noch viel mehr Fragen wird es gehen bei der Markus Lanz Sendung vom Mittwoch, 09.07.2014, Ausstrahlung um 23:45 Uhr im ZDF, zu der mein Mann Daniel und ich gemeinsam eingeladen sind. Ich bin froh über jede Plattform mit Reichweite, die man nutzen kann, um die Dinge beim Namen zu nennen, der Bundesregierung ihren heuchlerischen Schleier vom Gesicht zu ziehen und ihre wahre Fratze zu zeigen: eine Fratze, die mit Integrität wenig zu tun hat, der man ansieht, dass es letztlich nur um Machterhalt und die Möglichkeit zur Manipulation der Massen geht, für die demokratische Grundrechte und die Interessen der Bürgerinnen und Bürger einfach so gar keine Rolle spielen. Diese Wahrheit wird immer noch viel zu selten benannt und von viel zu wenigen verstanden. Ich rede mir zumindest ein, dass die immer noch vorherrschende Lethargie in der Zivilgesellschaft nur am „nicht ausreichend verstanden“ liegt, denn die Alternative: „die Menschen haben das wohl verstanden, aber es juckt sie nicht sonderlich“, ist für mich zu schrecklich, um sie für wahrscheinlich zu halten. Es gäbe nicht einmal einen Ort, an den ich in einem solchen Fall auswandern wollen würde – oder könnte. Es gibt ja kein räumliches Entrinnen mehr in einem globalen Überwachungsstaat der digitalen Gesellschaft, den wir unweigerlich bekommen werden, wenn wir uns nicht gemeinschaftlich dagegen wehren.
Nein, ich bin Optimistin, ich glaube an die Aufklärung und daran, dass wir rechtzeitig und massenhaft aufstehen werden, um den Untergang der Demokratie zu verhindern. Ich glaube daran, weil ich die alternative Hoffnungslosigkeit nicht ertragen könnte und weil ich seit dem Mauerfall 1989 auch die unwahrscheinlichsten und größten gesellschaftlichen Veränderungen für möglich halte.
Ich hoffe, die Lanz Sendung ist eine gute Gelegenheit für diese Art von Aufklärung, so wie sie das früher auch schon war, als etwa mein Mann dort zu diesem Thema schon einmal zu Gast war. Ein Ausschnitt jener Lanz-Sendung vom 02.07.2013 zeigt, dass wir genau ein Jahr später immer noch die gleichen Fragen diskutieren müssen.
Daniel Domscheit-Berg bei Markus Lanz am 02.07.2013 zur Massenüberwachung (Ausschnitt)

Daniel Domscheit-Berg bei Markus Lanz am 02.07.2013 zur Massenüberwachung (Ausschnitt)


Im übrigen bin ich der Meinung, dass die deutsche Bundesregierung dem Whistleblower Edward Snowden politisches Asyl gewähren muss.
UPDATE (17.07.2014):
Im Rumfunk Kanal auf YouTube gibt es einen 16Min Zusammenschnitt der Lanz-Sendung mit Fokus auf das Überwachungsthema (es gab auch Fußball, Schönheits-OPs und Biographisches von Schauspielerinnen). Hier kann man ihn sich anschauen:
Zusammenschnitt Lanz-Sendung vom 9.7.2014 von Rumfunk - auf YouTube

Zusammenschnitt Lanz-Sendung vom 9.7.2014 von Rumfunk – auf YouTube


 Und noch ein Nachtrag: die Sendung wurde offenbar viel länger aufgezeichnet, als es Sendezeit gab. Ich habe das gar nicht bemerkt. Aber beim Anschauen der Sendung viel mir auf, wie viele Dinge herausgeschnitten wurden, die ich besonders wichtig fand. Es fehlen ca. 20 Minuten.
Am bedauerlichsten fand ich den Wegfall von zwei Themen:

  1. Wie Daniel den Mißbrauch von „Big Data“ im Dritten Reich beschrieb und die Beiträge, die IT Unternehmen wie IBM – Hollerith dazu leisteten, denn deren Technologie machte die verhängnisvolle Nutzung der Volkszählungsdaten für die Jugenverfolgung erst möglich. Wir könnten nicht nur, wir müssen auch aus der Geschichte lernen – tun wir aber bisher nicht.
  2. Wie ich das Argument „Überwachung ist wichtig, weil sie uns vor Terrorismus schützt“ widerlege und als Ammenmärchen der Regierungen entlarve. Wie Sascha Lobo so treffend beschrieb, handelt es sich bei Geheimdiensten und deren Regierungen um Überwachungsfanatiker, mithin selbst um Extremisten und um Sicherheitsesotheriker. Deren Lieblingsausrede (Terrorbekämpfung) ist hinreichend und wissenschaftlich ad absurdum geführt worden. Schade, dass diese Beiträge dem Schnitt zum Opfer fielen.

Mein Versprechen bei wepromise.eu – Digitale Rechte möchte ich im Europa-Parlament verteidigen!

Die Initiative wepromise hat einen 10 Punkte Forderungskatalog für digitale Rechte (siehe unten) aufgestellt und Kandidat*innen für die Wahl zum Europa-Parlament aufgefordert, sich zur Umsetzung dieser Forderungen zu verpflichten. Das habe ich bei meinem Besuch in Brüssel im Europa-Parlament getan (siehe hier meine Berichte Teil 1, Teil 2 und Teil 3 zu dieser Reise).
In einem 2 Min Videostatement, zu dem es auch englische und französische Untertitel gibt, habe ich erklärt,

  • warum ich mich dazu verpflichte,
  • wofür ich mich in Brüssel besonders einsetzen würde und
  • warum es wichtig ist, wählen zu gehen.

HIER oder bei Klick auf das Bild könnt Ihr das Video auf YouTube sehen:
YT - Selbstverpflichtung zu Wepromise
Die 10 Forderungen von wepromise sind die folgenden (Details gibts bei Klick auf die einzelnen Forderungen):

  1. Ich werde mich für Transparenz, Zugang zu Dokumenten und Bürgerbeteiligung einsetzen.

  2. Ich werde Gesetze zur Stärkung von Datenschutz und Privatsphäre unterstützen.

  3. Ich werde mich für uneingeschränkten Zugang zum Internet und Internetdiensten einsetzen.

  4. Ich werde die Modernisierung des Urheberrechts unterstützen.

  5. Ich setze mich gegen flächendeckende, unkontrollierte Überwachungsmaßnahmen ein.

  6. Ich werde Anonymität und Verschlüsselung im Internet unterstützen.

  7. Ich werde Maßnahmen zur privatisierten Rechtsdurchsetzung außerhalb der Rechtsstaatlichkeit ablehnen.

  8. Ich werde mich für Exportkontrollen von Zensur- und Überwachungstechnologien  einsetzen.

  9. Ich werde mich für das Multistakeholder- und Mitbestimmungsprinzip einsetzen.

  10. Ich werde die Nutzung von Freier Software unterstützen (Open Source Software).

Auch Wählerinnen und Wähler bittet wepromise.eu, eine Verpflichtung abzugeben, nämlich, dass sie ihre Stimmabgabe bei den Wahlen zum Europa-Parlament an die Abgabe der Selbstverpflichtung durch wählbare Kandidat*innen binden werden.
 

Neues von der NSA, Besuch im EU Parlament, Gründung der PPEU

Programm MYSTIC – mehr Überwachung geht kaum
Immer, wenn man denkt, schlimmer kann es ja nun nicht mehr werden, setzt die NSA noch eins drauf. Seit gestern wissen wir, dass der US amerikanische Geheimdienst die vollständige Telekommunikation eines ganzen Drittlandes nicht nur an- sondern vollständig abzapft, speichert für einen Monat und mittels Algorithmen durchsucht. Getan wird das für mindestens ein Land, welches ist (noch) unbekannt, weitere 5-6 Ländern sind jedoch mindestens geplant – vielleicht sind sie auch schon längst Teil des Programms, das sich MYSTIC nennt.

Dies ist ein Teil eines Screenshots von Inforadio Berlin Brandenburg - für das früher darin enthaltene Bild ließ mir die Caro Fotoagentur eine Abmahnung über 554€ schicken... deshalb nun ohne dieses künstlerisch nicht erwähnenswerte Bild

Dies ist ein Teil eines Screenshots von Inforadio Berlin Brandenburg, auf dem das Interview mit mir beschrieben und verlinkt war. Für das früher darin enthaltene Bild ließ mir die Caro Fotoagentur eine Abmahnung über 554€ schicken… deshalb nun ohne dieses künstlerisch wirklich nicht erwähnenswerte Bild.


Auch diese Enthüllung verdanken wir dem Whistleblower Edward Snowden, der immer noch beim Superdemokraten Putin ausharren muss, weil keine der europäischen Demokratien genug Mumm in den Knochen hat, ihm politisches Asyl zu bieten. Selbst in der EU wiegen Menschenrechte nicht schwer genug, um im Vergleich gegen wirtschaftlichen oder politischen Druck der USA nicht wohlfeil zu sein. Ich finde das unerträglich. Mehr lesen zu MYSTIC kann man bei Washington Post, heute.de, und Spiegel Online. Dem RBB Inforadio habe ich am 19.3.2014 ein Interview gegeben, HIER kann man es nachhören.
EU Asyl für Whistleblower wie Edward Snowden
Wahlplakat Piratenpartei EU Wahl 2014

Wahlplakat Piratenpartei EU Wahl 2014


Wo bleibt ein “europäisches Asyl” mit einem festgelegten Prozess, rechtssicher, in dem nach klaren Kriterien Whistleblowern, die Rechtsverletzungen mit Bezug auf die EU an die Öffentlichkeit bringen, vor politischer Verfolgung in ihren Herkunftsländern geschützt werden? Ein solches europäisches Asyl würde verhindern, dass Nationalstaaten einer auf den anderen zeigen und jeder einzelne zu feige ist, sich allein gegen die USA zu stellen. Das Rückgrat der EU kann viel stärker und größer sein als es das jedes einzelnen Mitgliedslandes sein könnte. Worauf wartet die EU? Wer immer noch an den Motiven von Edward Snowden zweifelt oder sich nicht klar darüber ist, was seine Aufdeckungen für uns in Europa bedeuten, dem empfehle ich, seine Antworten zu lesen, die er schriftlich den Mitgliedern des europäischen Parlamentes auf ihre Fragen schickte (pdf), da er nicht persönlich zur Anhörung im Untersuchungsausschuss kommen durfte.
Besuch bei Piraten MdEPs in Brüssel
Am 20.03.2014 werde ich im Europa-Parlament Abgeordnete der Piratenpartei Schwedens treffen und Martin Ehrenhauser, österreichischer, fraktionsfreier MdEP, der Spitzenkandidat des neuen Wahlbündnisses für die anstehende EU Wahl in Österreich ist, dem auch die dortige Piratenpartei angehört. Ich habe viele Fragen zum politischen Alltag in der EU aber auch konkret zur Arbeit der Piratenabgeordneten. Ich bin gespannt darauf, von Amelia Andersdotter zu hören, wie genau sie es (natürlich mit anderen) geschafft hat, ACTA im EU Parlament zu kippen. Ich möchte lernen, was man mit viel Motivation und Engagement schaffen kann – und wo die Grenzen sind. Ich möchte nicht zu denen gehören, die im Wahlkampf Unmögliches versprechen aber ich möchte nichts, was irgend geht, unversucht lassen. Von den Erfahrungen der bisherigen Piratenmitglieder im europäischen Parlament läßt sich sehr viel lernen. Darauf freue ich mich schon sehr!
Gründung der PPEU
Wahlplakat der Piratenpartei zur Europawahl 2014

Wahlplakat der Piratenpartei zur Europawahl 2014


Am 21.03.2014 wird in Brüssel der Gründungsprozess der Europäischen Piratenpartei PPEU formell abgeschlossen, aktuell gehören ihr 16 nationale Piratenparteien an. Das ist ein historischer Moment und ich bin jetzt schon stolz dabei zu sein! Die Piratenparteien Europas werden mit einem gemeinsamen Wahlprogramm antreten – das ist in der EU einmalig. Unser anderer Ansatz zeigt, dass wir auch anders Politik machen wollen. Wir sehen uns nicht als Vertreterinnen und Vertreter einer einzelnen Nation sondern von Bürgerinnen und Bürger in der EU. Wir vertreten gemeinsame Werte, wir stehen wir ein Demokratie Update – mit mehr Transparenz und mehr demokratischer Teilhabe für jeden, für ein offenes Europa, für freien Zugang zu Wissen, Kunst und Kultur, für ein offenes Internet, das niemanden diskriminiert, nicht zur Massenüberwachung mißbraucht wird, und keine Zensurinfrastuktur enthält. In Ergänzung  zum gemeinsamen Wahlprogramm gibt es das erweiterte Wahlprogramm der Piratenpartei in Deutschland für die Europawahl, wir haben es bei unserem Bundesparteitag im Januar verabschiedet.
Internet Governance Conference der Piraten im EU Parlement
Im Anschluss an die Gründung der PPEU findet im EU Parlament eine Internet Governance Konferenz statt, ausgerichtet von Piraten MdEP. Fast 400 Teilnehmer*innen haben sich angemeldet – es wird ein sehr internationales Treffen werden. Auf die Piraten-Konferenz zu diesem Thema bin ich sehr gespannt, eine Reihe  spannender Redner*innen sind angekündigt, u.a. unsere Spitzenkandidatin für Europa, Julia Reda, aber auch Jacob Appelbaum, Experte für Anonymität im Internet, fukami vom CCC, Marietje Schaake (MdEP aus Holland für die D66) und viele andere. Das Programm zur Konferenz findet sich HIER. Es geht dabei um viele verschiedene Aspekte von Internet Governance, die auch die überfällige Urheberrechtsreform, Fragen des Datenschutzes und die Sicherung der Netzneutralität betreffen.
Wahlplakat Piratenpartei EU Wahl 2014

Wahlplakat Piratenpartei EU Wahl 2014


Im April findet in Brasilien die internationale Tagung NetMundial statt, auf der die aktuell kaputte Internet Governance debattiert und Grundlagen für eine Restrukturierung geschaffen werden sollen. Bisher haben die USA den Finger auf den wichtigsten Infrastrukturen des Internets, z.B. DNS Root Server, über die die ICANN die Aufsicht tätigt, die wiederum dem US Handelsministerium untersteht. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt? Das Internet ist nicht nur eine Technologie, es beeinflusst alle Aspekte der Gesellschaft, überall auf der Welt. Es ist daher nicht hinnehmbar, dass ein einzelnes Land – ohne Legitimation, ohne demokratische Kontrolle, intransparent und ohne jede Rechenschaftspflicht, die wesentliche Steuerung innehat. Es gibt viele gute Überlegungen, wie eine bessere Governance des Internets aussehen könnte, eine sehr lesenswerte hat die in Indien gegründete Just Net Coalition ausgearbeitet und als Vorschlag an die brasilianische Governance Konferenz eingereicht. Sehr lesenswert ist auch die Sammlung von Inhalten bei Knowledge Commons zum Themenfeld Internet Governance. Erst vor wenigen Tagen habe ich in der französischen Botschaft mit Senatorin Catherine Morin-Desailly über Fragen der Internet Governance debattiert. Wie war sehr interessiert an den Ideen und Visionen, die ich ihr als Vertreterin der Piratenpartei und mit Hintergrund in der Zivilgesellschaft erzählen konnte. Auch auf allen formellen Ebenen ist jedoch nicht nur ein Austausch an Ideen sondern ein echtes MItspracherecht für Vertreter*innen der Zivilgesellschaft erforderlich, aus allen Regionen der Welt.
Ich werde vor lauter Wahlkampf wohl nicht allzu viele Blogposts schaffen – ich gebe mir Mühe, aber der Tag hat nur 24 Stunden und das Netz in der Bahn, wo ich in den nächsten Wochen viel Zeit verbringen werde, ist schlecht… Aktuelles erfährt man aber auch über mein Twitteraccount @anked.

International Day of Privacy – Internationaler Tag der Privatsphäre – 01.Feb.2014 Berlin

Gestern war der Internationale Tag der Privatsphäre und überall auf der Welt fanden Protestveranstaltungen statt – eine auch in Berlin am Pariser Platz. Ich war dabei, gemeinsam mit etlichen anderen Brandenburger Pirat*innen. Es hätten viel mehr Menschen sein müssen, die gegen die millionenfache Grundrechtsverletzung demonstrieren. Leider war das nicht der Fall. Das war auch Thema meiner Rede auf der Abschlusskundgebung – aber nicht nur das. Ich sprach auch von der Macht, die wir als Bürgerinnen und Bürger haben können, wenn wir uns dieser Möglichkeit bewußt werden – so wie wir DDR Bürger das 1989 verstanden hatten, als wir die Mauer zu Fall brachten. Hier könnt Ihr sie nachhören.

Rede beim IDP-2014-Berlin

Gerade gefunden – auf YouTube gibt es noch einen Zusammenschnitt von der Demo (8Min), den könnt Ihr HIER ansehen. Beide Videos hat Edda Dietrich eingestellt (Danke dafür).

YouTube - IDP14 Demo Berlin 1.2.2014

From STASI to NSA – an english language talk with Jeff Jarvis at DLD14 in Munich

English follows German!
Deutsche Version
Vom 19.-21.01.2014 fand in München zum 10. Mal die Digital Life Design Konferenz statt, bei der wie in den Jahren davor, neue Entwicklungen der digitalen Welt vorgestellt und gesellschaftliche Debatten geführt wurden, die eben jene neue digitale Welt mit sich bringt. Neben spannenden Highlights etwa zu „wearable Computing“ – Computerelementen in Kleidung oder anderen technischen Neuentwicklungen prägte den DLD diesmal auch ein intensiver Diskurs über den Mißbrauch digitaler Technologien durch Regierungen, die ihre Bürgerinnen und Bürger ausspionieren. Im Rahmen dieser Debatte und aus Anlass meines genau an dem Tag erschienenen Buches „Mauern einreißen“ hatte ich die Ehre, mit Jeff Jarvis ein Gespräch darüber zu führen, was die Massenüberwachung der ostdeutsche STASI und der heutigen NSA gemeinsam haben,…

wie Selbst-Zensur als eine natürliche Konsequenz aus dieser Massenüberwachung entsteht und wie kleine Scheren im Kopf anfangen zu arbeiten und zu kontrollieren, was wir sagen und wie und zu wem. Damit hört Meinungsfreiheit auf, Meinungsfreiheit zu sein. Es ist der Anfang vom Ende der Demokratie, wie wir sie schätzen.

Ich sprach darüber, wie ich von der STASI lernte, dass es so etwas wie harmlose Informationen nicht gibt. Jede Information über uns kann potenziell gegen uns verwendet werden. Auch Sie haben etwas zu verbergen, weil sie ein Mensch sind und weil Privatsphäre ein Menschenrecht ist – aus guten Gründen. Es ist die Basis der Demokratie und der Freiheit. Unseren Talk kann man auf YouTube sehen, er ist allerdings auf Englisch.

 YouTube - DLD14 - From STASI to NSA

English Version

From 19th til 21st Jan. 2014, for the 10th time, the Digital Life Design conference took place in Munich, at which – like in preceding years, new developments of the digital sphere have been presented and debates took place on societal issues which come together with the new digital age. There were exciting highlights e.g. on wearable computing or other technical new inventions but this DLD also saw an intense debate about the abuse of digital technologies by governments, which spy on their own people. As part of this debate and in coincidence with my book which appeared in shops right at that date for the first time, I had the honour to discuss with Jeff Jarvis what East German STASI has in common with today’s NSA mass surveillance, …

how self-censorship starts as a natural consequence of that mass surveillance and how little scissors in our head start to work and control what we say and how and to whom. This is how freedom of speech stops to be freedom of speech. Its the beginning of the end of democracy as we cherish it.

I talk about why I learned from the STASI that there is no such thing as innocent information. Every piece of information about you can potentially be used against you. You too do have something to hide, because you are a human being and privacy is a human right for a reason. Its the pillar of democracy and freedom.
You can see our talk (18mins) now at YouTube.

I also recommend the following videos with talks on the same topic at DLD14 / Ich empfehle auch die folgenden Videos zur gleichen Debatte vom DLD14:

"Auch Du wirst überwacht" – Eine Aktion zu #Merkelphone am Kanzleramt

Am 24.10.2013 haben mein Mann und ich dem Kanzleramt einen Besuch abgestattet. Mein Mann hatte dort ein Geschenk für die Kanzlerin abzugeben. Die Geschichte dahinter steht hier im Blogpost. Alle Bilder stammen von der Aktion.

Piratenwahlplakat der Bundestagswahl 2013 - upcycled für die Kanzlerin, mit Widmung von Daniel Domscheit-Berg

Piratenwahlplakat der Bundestagswahl 2013 – upcycled für die Kanzlerin, mit Widmung von Daniel Domscheit-Berg


Endlich regt sich unsere Kanzlerin auf über den NSA Überwachungsskandal. Hat ja auch lange gedauert. 80 Millionen überwachte Staatsbürger*innen haben dazu nicht gereicht – jedenfalls nicht, so lange Kanzlerin Merkel seltsamerweise davon ausging, nicht Teil dieser 80 Millionen zu sein. Aber nun ist es raus, auch ihr Handy wurde von amerikanischen Geheimdiensten überwacht. SKANDAL! Weltweit sollen mindestens 35 Staatsmänner und -frauen betroffen sein, warum also sollte die „mächtigste Frau Europas“ davon ausgenommen sein?
Ach so, die Antwort kennen wir ja schon. Weil Freund Barack seiner Freundin Angela ja versichert hatte, dass sie natürlich nicht auspioniert wird und weil doch Freunde einander die Wahrheit sagen. So oder so ähnlich hat Frau Merkel wohl gedacht, also sie auf sein charmantes Lächeln hereinfiel – oder auf die Beteuerungen ihres großartigen Innenministers Friedrich („7, ähm, 5, ähm 2, ähm 0 Terroranschläge wurden verhindert“) oder des Kanzleramtssprechers Pofalla („Millionenfache Überwachung? Gibts nicht, alles geklärt, ich beende daher diese vermeintliche Affaire“).
Ankunft am Hauptbahnhof Berlin - unterwegs zum Kanzleramt

Ankunft am Hauptbahnhof Berlin – unterwegs zum Kanzleramt


An Naivität und Gutgläubigkeit ist das kaum noch zu überbieten. Ich würde so gern unsere Kanzlerin einmal fragen, warum in Gottes Namen sie ausgerechnet einer Regierung glaubt, deren Repräsentanten nachweislich in dieser Angelegenheit lügen und nationales sowie internationales Recht gebrochen haben? Das US Parlament wurde angelogen von NSA Vertretern. UN Diplomaten wurden völkerrechtswidrig bespitzelt, EU Einrichtungen verwanzt und damit ganz offiziell Spionage betrieben. Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht? Das soll für alle Grundschulkinder gelten aber offenbar nicht für Regierungen, die Atomwaffen besitzen, Kriege auf Basis erfundener Behauptungen führen, Kinder und Zivilisten neben sogenannten „Targets“ mit ferngesteuerten Drohnen ermorden – ohne, dass irgendjemand irgendeine Chance hat, einen Rechtsweg zu beschreiten, seine oder ihre Unschuld zu beweisen. Ich nenne das Mord. Mit Rechtsstaat hat das nicht mehr viel zu tun. Und so einer Regierung glaubt Angela Merkel? Wegen dem Friedensnobelpreis vielleicht?
Bahnhofsvorplatz - das Kanzleramt ist schon in Sicht

Bahnhofsvorplatz – das Kanzleramt ist schon in Sicht


Angela Merkel hat neben einem fahrlässig hohen Grad an Naivität offenbar die längste Leitung dieser Welt und neigt zum Vergessen offensichtlicher Tatsachen. Aus diesem Grund haben wir, mein Mann und ich, beschlossen, ein wenig Unterstützung von Piratenseite zu leisten. Die Idee kam von Pirat Raimond aus dem Havelland am Mittwoch – 23.10.2013 – dem ersten Abend der Merkelphone-Affaire als er ein paar ausgemusterte Wahlplakate abholen wollte. Aus der Idee wurde in einer nächtlichen Aktion ein konkreter Plan.
Unterwegs zum Kanzleramt - die Brücke vor dem Hauptbahnhof

Unterwegs zum Kanzleramt – die Brücke vor dem Hauptbahnhof


Bei uns stehen noch viele Wahlplakate von der Bundestagswahl herum, darunter welche mit dem passenden Slogan „Auch Du wirst überwacht“ und dem Konterfei meines Mannes Daniel. Neben dem Parteilogo stand darunter „Piraten wählen“ – das paßt zwar immer, denn nach der Wahl ist vor der Wahl – aber wir änderten es für Frau Merkel in „Piraten zuhören“. Auf den freien Hintergrund schrieb Daniel eine persönliche Widmung:

Bitte nicht nochmal vergessen! Daniel“

Dazu schrieb er noch einen persönlichen Brief. Ich nutzte so um Mitternacht Twitter, um per DM das Interesse von ARD und ZDF über unsere für den nächsten Tag geplante Aktion zu wecken und war begeistert, dass das klappte.

Wir sind angekommen :-)

Wir sind angekommen 🙂


Am folgenden Donnerstag morgen machten wir uns nach kurzer Nacht auf den Weg zum Kanzleramt, um unsere großen „gelben Merkzettel“ an Frau Merkel zu übergeben. Natürlich war uns klar, dass Merkel selbst natürlich keine Zeit und Lust haben wird, unser Geschenk entgegenzunehmen. Aber abgeben – das geht natürlich. Vorher beantwortete Daniel den Sendern noch ein paar Fragen zur Aktion und zur Merkelphone-Affaire mit dem Kanzleramt als imposanter Kulisse, dann ging es zum Pförtnerhäuschen.
Erster Kontakt: Der Pförtner vom Kanzleramt

Erster Kontakt: Der Pförtner vom Kanzleramt


Der Pförtner bat Daniel zu warten. Wenigen Minuten später erschien eine Dame von der Sicherheit, die mit einem lustigen Gerät Brief und Plakat auf verdächtige Spuren scannte, nichts fand und wieder verschwand.
Zweiter Kontakt: Untersuchung von Brief und Plakat auf Gefährliches

Zweiter Kontakt: Untersuchung von Brief und Plakat auf Gefährliches


Wir warten noch ein paar Minuten. Ein Herr, zur Abwechslung ohne Uniform, tauchte auf und stellte sich als Vertreter der Poststelle vor. Auch er unterhielt sich mit Daniel, der ihm erzählte, warum er der Kanzlerin diese Gedächtnisstütze als praktische Erinnerung an den Umstand, dass wir ALLE überwacht werden, schenken möchte. Die Wahlplakate seien ja bei uns übrig und die Piraten hätten diese Erkenntnis ja auch schon lange und daher die Erinnerung daran auch nicht mehr so nötig, wie die Kanzlerin.
Dritter Kontakt: Die Übergabe an den Vertreter der Poststelle

Dritter Kontakt: Die Übergabe an den Vertreter der Poststelle


Der Mann von der Poststelle konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Neben ARD und ZDF, die das alles zwar mit Ton und Bild aufgezeichnet aber meines Wissens nicht veröffentlicht hatten, hat auch Piratin Cornelia Otto mit dem Smartphone die Übergabe gefilmt, die Technik gab leider unter diesen Rahmenbedingungen keine Audioaufzeichnung her – aber es gibt ja noch Fotos :-).

Screenshot YT Tikkachu Video Merkelphone Plakatübergabe

Den kleinen Film von Cornelia – auf Twitter als @Tikkachu bekannt – gibt es auch HIER. Der Mensch von der Poststelle ließ uns alle etwas rätselnd zurück, denn er ging nicht nach links in Richtung Kanzleramt sondern nach rechts in Richtung einer Art Tiefgarage.

Der Mann von der Poststelle - unterwegs - ja, wohin?

Der Mann von der Poststelle – unterwegs – ja, wohin?


Wir spekulierten alle miteinander, ob es denkbar wäre, dass er das Plakat samt Brief für die Kanzlerin einfach in einen Müllcontainer stopft… Wenn jemand weiß, was sich in den Katakomben rechts vom Pförtnerhäuschen des Kanzleramtes befindet, laßt es mich wissen. Ich bin immer noch neugierig.
...kurz danach biegt er nach rechts statt nach links ab. Wohin ging der Postmann von Merkel?

…kurz danach biegt er nach rechts statt nach links ab. Wohin ging der Postmann von Merkel?


Etliche Bürger*innen haben das ganze interessiert verfolgt und uns schon im Vorfeld Fragen dazu gestellt. Jeder schien verwundert über das seltsam späte und bigotte Aufwachen unserer Kanzlerin. Etwas enttäuscht bin ich von den Medien, die uns begleitet haben – was eine großartige Sache war, gerade wegen der extremen Kurzfristigkeit – aber keines hat davon etwas verwendet (oder ich habe es einfach nicht mitbekommen, her mit einem Hinweis, wenn ich falsch liege!). Von allen möglichen Parteien wurden Statements veröffentlicht – wenigstens online, aber nicht von der Piratenpartei. Verstehen kann ich das nicht, denn das ist und war schon immer UNSER Thema, es war unser Schwerpunkt im Bundestagswahlkampf, der ja erst ultrakurz zurückliegt. Falls jemand den Piraten mal wieder vorwerfen möchte, wir machten politisch oder in der Öffentlichkeitsarbeit nichts daraus, der sollte sich stattdessen fragen, was wir noch machen sollen, um es in die Medien hinein zu schaffen mit unseren Positionen.
Interviews mit ARD und ZDF vor dem Kanzleramt

Interviews mit ARD und ZDF vor dem Kanzleramt


Also machen wir weiter das mit der Medienarbeit von unten – hier gibts die Geschichte und hier gibts die Bilder und immerhin ein Video, wenn auch ohne Ton. Vielleicht schaffen es ja die Öffentlich-Rechtlichen doch noch, das Material online und damit zur Verfügung zu stellen. Ich würde mich sehr darüber freuen.
Daniel beantwortet Fragen zum Überwachungsskandal rund um Merkels Telefon.

Daniel beantwortet Fragen zum Überwachungsskandal rund um Merkels Telefon.


Um fair zu sein – Aufmerksamkeit in den Medien gibt es natürlich trotzdem, so wurde ich kurz vor Beginn der Aktion am Kanzleramt von der Redaktion Maybrit Illner angerufen und für die thematisch neu geplante Sendung für den gleichen Abend eingeladen. Wer eine Stunde Zeit hat, kann sich die vollständige Debatte bei Illner HIER ansehen (der US Amerikaner ist erschütternd makaber in seinen Äußerungen, SPD Oppermann windet sich in der Frage der Vorratsdatenspeicherung – seine Aussagen darf man getrost interpretieren als „ja klar, wir die SPD tragen die VDS in einer Rot-Schwarz-Koalition mit, Hauptsache, es wird – wie vom Bundesverfassungsgericht eh vorgeschrieben –  eine Art Lightversion“ – die natürlich ebenso gefährlich wie überflüssig ist).
Screenshot Illner Zusammenschnitt

Kurzfassung (7Min) der Illner Runde zu #Merkelphone (Danke an @Bananenrepublik!)


Wer nur ein paar Minuten hat, hier gibts einen Zusammenschnitt, eine Art Trailer von 7 Minuten (Danke @bananenrepublik!). Es gab auch viele Radiointerviews zum Thema für meinen Mann und mich, und einige Fernsehgeschichten sind auch noch geplant, u.a. werde ich mich vorr. am 29.10.13 auf nTV in der Sendung „Das Duell“ mit einem Vertreter der CDU zum Thema Überwachung auseinandersetzen. Auch im britischen Guardian wurde ich mit einem Statement zitiert (HIER). Lesenswert ist auch ein Interview mit Daniel im Handelsblatt, in dem es neben dem Film InsideWikiLeaks auch um die Merkelphone-Affaire geht.
Aus gegebenem Anlaß verlinke ich hier noch einmal ein Fragenkatalog des parlamentarischen Kontrollgremiums aus dem Sommer an die Bundesregierung – es sind 18 Seiten voll brennender Fragen. Wenn jemand den Antwortkatalog dazu kennt – her damit. Meines Wissens sind die meisten dieser Fragen immer noch offen. Aber auch der Umstand, dass es offene Fragen in der Sache gibt, ist ja Angela Merkel erst jetzt wieder eingefallen. Wem spricht sie wohl zuerst ihr nächstes vollstes Vertrauen aus? Pofalla oder Friedrich? Und schade eigentlich, dass diese Superpower des „vollsten Vertrauens“ nicht auch über den Atlantik hinweg funktioniert. Und schade auch, dass die Bundesregierung nach wie vor nicht verstehen kann, dass man Freunde nicht nur über den Ozean hinweg nicht überwacht sondern schon gar nicht im eigenen Land. Tut man das doch, wie die 25 Überwachungs- und Sicherheitsgesetze zeigen, die mit Merkel als Kanzlerin verabschiedet worden sind, dann betrachtet man wohl sämtliche 80 Mio Einwohner pauschal als Feinde, Verbrecher und Terroristen. Willkommen im Boot, Frau Merkel.

24 Stunden im Gläsernen Mobil am Marktplatz von Fürstenberg/Havel

Überwachung kann man sich schlecht vorstellen, man kann sie nicht spüren, man kann sie nur ahnen aber viele Menschen verdrängen diese Ahnung. Weil das so ist, regen sich immer noch nicht genug Menschen auf gegen den Überwachungswahn in unserem Land – und bei unseren „Freunden“ und nehmen passiv die Erosion unserer demokratischen Freiheitsrechte hin.
Gläsernes MobilIch möchte das Phänomen Überwachung erlebbarer machen und beteilige mich daher an der Tour des Gläsernen Mobils der Piratenpartei in Brandenburg. Dieser durch Seitenverglasung einsehbare, bewohnbare Anhänger ist mit einer gemütlichen Sitzgruppe ausgestattet, auf der mein Mann und ich ab heute abend offen für alle miteinander reden, am Laptop arbeiten oder Fragen von Bürgern beantworten werden, die uns dort besuchen möchten. Natürlich haben wir auch jede Menge Informationsmaterial zum Wahlprogramm der Piratenpartei dabei – nicht nur zum Thema Überwachung und Datenschutz.
Abends schieben wir die Sitzecke dann an die Seite und versuchen, es uns im Gläsernen Mobil bequem zu machen, denn wir werden auch die Nacht gemeinsam und von jedem einsehbar dort verbringen. Ich hoffe, uns leuchtet nicht jeder Kneipenheimgänger mit der Taschenlampe in die Augen – wir wollen ja schlafen. Wie gut das geht, weiß ich nicht, denn das Gefühl, von jedem Spaziergänger beim schlafen beobachtet zu werden ist kein schönes. Vielleicht debattieren wir auch lieber die halbe Nacht oder gucken Filme am Laptop. Jeder kann jedenfalls alles sehen, was wir da machen – NSA, BND, Verfassungsschutz, und all die anderen „lieben Geheimdienste“ haben es diesmal gaaaaaanz einfach.
Aber unsere Botschaft mit dieser Aktion ist:

So einfach haben es die Dienste in virtuellen Räumen fast überall und immer. Nichts ist mehr geheim, wir sind längst gläserne Bürger geworden.

Ohne dass wir es merken, können unsere Handydaten in eine Funkzellenabfrage geraten, nur weil ein paar hundert Meter weiter ein Taschendieb sein Unwesen trieb. Unsere Bewegungen im Internet können deutsche Behörden verfolgen, selbst wenn wir nur eine Ordnungswidrigkeit begangen haben. Ordnungswidrigkeit? Dazu gehört schon Falschparken. Dieser Datenabruf heißt Bestandsdatenauskunft, das Gesetz dazu wurde von der Regierungskoalition noch schnell vor der Sommerpause durchgewunken. Das gleiche Gesetz räumt Behörden weitreichende Befugnisse ein, auch an die PIN von Mobiltelefonen oder an Passwörter für alle möglichen Dienste, die wir nutzen, heranzukommen. Passwörter, mit denen man online Banking macht oder Bilderdatenbanken vor Zugriff schützt. Passwörter, die Zugang  zu Emailkonten, Facebookprofilen, Amazon und eBay ermöglichen. Ich finde diese Vorstellung gruselig. Wir alle sollten das gruselig finden und etwas dagegen tun. Selbst 80-jährige, die das Internet links liegen lassen, sollten sich im Namen ihrer Kinder und Enkel aufregen, denn diese Jugend ist die erste Generation, die es je gab, deren Privatleben, pubertäres Verhalten und persönliche Beziehungen so überwachbar und einsehbar sind, wie die Sitzgruppe im Gläsernen Mobil.
Wir freuen uns auf Besucher und Diskutanten am Gläsernen Mobil – ab heute, 04. September ca. 16/17:00 bis morgen früher abend werden wir am Marktplatz in Fürstenberg/Havel im Norden Brandenburgs sein.
Von Berlin ist das in 55 Min ohne Umsteigen prima zu erreichen, der Bahnhof ist nur 4 Min Fußweg vom Marktplatz entfernt. Am 5. September ist übrigens auch Wochenmarkt – auf dem gleichen Marktplatz 🙂 (wir müssen also wenigstens nicht verhungern).
Für Twitterfans: der Hashtag ist #GLMfbg
Stoff zum Nachlesen und ein Demoaufruf
Und weil es so gut in den Kontext paßt, mein Mann und ich haben in den letzten Tagen beide für englischsprachige Medien zum NSA Skandal geschrieben, hier sind die Links dazu:

FSA Aufruf
Der kommende Samstag ist übrigens der 07. September – „Freiheit statt Angst“ Tag – der Tag, an dem wir Berlin erschüttern werden durch eine Massendemonstration, die diesen Namen verdient hat! Um 13:00 Uhr geht es am Alexanderplatz los. Kommt alle, nehmt Eltern, Onkel und Enkel, Tanten und Cousinen, Brüder und Schwestern, Freunde und Bekannte, Nachbarn und Kolleginnen und Kollegen mit! Es ist kurz vor der Bundestagswahl, NIE innerhalb einer Legislaturperiode sind Politiker so aufmerksam und hören so gut zu – laßt uns diese Gelegenheit gut nutzen. Laßt uns laut genug sein, dass man sich auch nach der Wahl noch unseren Protest erinnert!  Nehmt Trillerpfeifen mit und Eure Aluhüte, bastelt Euch Pappkameras zum Überwachen der Überwacher, malt Euren Frust auf Transparente! Seid viele! Ich freue mich darauf! Für die Romantiker unter meinen Leserinnen und Lesern verrate ich noch etwas: Bei der FSA Demo 2009 habe ich meinen Mann fotografiert – nur kannte ich ihn damals noch gar nicht, ich habe das viel später erst durch Zufall entdeckt :-).
Link zum Demoaufruf Freiheit statt Angst: http://blog.freiheitstattangst.de/about/
Link zu Demo-Orga-Informationen: http://blog.freiheitstattangst.de/
Link zum Demo-Video: https://www.youtube.com/watch?v=2A3Nw9_ZZ6c
Wer sich ein altes Video von der Freiheit statt Angst Demo 2009 (ja, genau die Demo, wo mir zum ersten Mal unerkannt mein Mann begegnete) anschaut, kann auch das Gläserne Mobil in Aktion sehen!
FSA 2009 Video
 

Beim Anti-Prism Aktionstag in Stralsund haben wir Merkels Wahlkreisbüro besucht

Am 27.07.2013 gab es einen internationalen Aktionstag gegen PRISM und generell gegen Massenüberwachung und für einen stärkeren Schutz von Whistleblowern wie Bradley Manning und Edward Snowden. Diese Initiative bündelte unter dem Slogan #StopWatchingUs viele Aktionen unterschiedlichster Interessensgruppen. Allein in Deutschland gingen ca. 10.000 Menschen in fast 40 Städten auf die Strasse – obwohl es einer der heißesten Tage dieses Jahres war, mit weit über 30 Grad im Schatten.

Foto: Markus Hoffmann

Foto: Markus Hoffmann


Ich war bei der Protestveranstaltung #Merkelentern in Stralsund dabei, zu der die Piratenpartei in Mecklenburg-Vorpommern eingeladen hatte. Auch dort brannte die Sonne erbarmungslos, aber mehr als 100 Demonstranten hat das nicht davon abgehalten, in der Mittagshitze durch die Altstadt zu ziehen und an der Abschlusskundgebung vor Angela Merkels Wahlkreisbüro teilzunehmen. Einige Fernsehteams hatten sich dort auch eingefunden, der NDR hat auch darüber berichtet (Video auf YouTube). Ich bin im Foto die ganz links am Front-Transparent, mit dem roten Kopftuch (ohne hätte ich einen Sonnenstich bekommen). Einige von uns haben sich etwas historisch piratig angezogen – damit haben wir Bezug genommen auf die Wallensteintage, ein Mittelalterspektakel, das zu diesem Zeitpunkt in Stralsund statt fand.
An Merkels Wahlkreisbüro in Stralsund #StopwatchingusAuf Plakaten haben wir Schilder mit dem „Merkelator“ getragen. Auf meinem Plakat stand der aktuelle Stand der Unterzeichner meiner Petition auf change.org. Schon fast 45.000 haben inzwischen unterschrieben. In 12 Sprachen gibt es jetzt diese Petition. Wer noch nicht unterschrieben hat und/oder die Petition verbreiten möchte: hier ist der Link: www.change.org/prism (die anderen Sprachen sind dort verlinkt).
Bei der Abschlusskundgebung habe ich neben anderen eine Rede gehalten, ein Video davon gibt es auf YouTube zu sehen.
Screenshot YouTube Video by Bartjez
Nachlesen kann man sie hier:

Ich bin Anke Domscheit-Berg, Kandidatin für die Bundestagswahl, aus dem Land Brandenburg und ich bin hierher gekommen zu Angela Merkels Wahlkreisbüro, um ihr meine Meinung – unsere Meinung – zu übermitteln.
Ich habe 21 Jahre in einem Überwachungsstaat gelebt. Das ist 24 Jahre her. 24 Jahre, das ist fast ein Vierteljahrhundert. Das ist lange, verdammt lange. Aber es ist nicht lange genug, um zu vergessen, wie sich das anfühlt, wie beschissen sich das anfühlt, permanent überwacht zu sein. Wie das ist, wenn Briefe geöffnet ankommen. Wenn es im Telefon so komisch knackt und man immer denkt, da hört einer mit. Wie das ist, wenn man ins Studentenwohnheim nach Hause kommt und man sieht an den verstellten Farbbändern an der Schreibmaschine, an der man Aufrufe fürs Neue Forum abgetippt hat, dass da einer dran war und die Papiere durcheinander gebracht sind.
Ich weiß noch ganz genau, wie sich das anfühlt, aber über 20 Jahre habe ich da nicht besonders oft dran gedacht. Seit Wochen zwingt mich diese Gegenwart, jeden Tag und jede Stunde daran zu denken – und vor allem nicht nur daran zu denken, sondern mich genauso zu fühlen, wie damals. Und das ist ein Gefühl, das wollte ich nie wieder haben.
Heute ist die Überwachung aus verschiedenen Gründen viel schlimmer noch als ich sie damals empfunden habe. Sie ist umfassender, sie ist totaler. Es wird alles überwacht, nicht nur eine Auswahl, was damals aus Ressourcengründen gar nicht anders ging, sonst hätte es die Stasi natürlich auch gemacht. Heute geht das aber. Und heute wird es gemacht. Es wird nicht nur von einem Geheimdienst gemacht, sondern von mindestens dreien. Einem deutschen Geheimdienst, der alle möglichen Dinge über uns ausspioniert, seit zehn Jahren ermächtigt durch alle möglichen Überwachungsgesetze, durch den britischen und amerikanischen Geheimdienst. Alles das jeden Tag und das ist nur das, was wir wissen und jeden Tag erfahren wir mehr.
Ein anderer Grund, warum es heute viel schlimmer ist: Totalitäre Methoden passen zu einem totalitären Staat. Da enttäuscht einen das ja nicht mal, da erwartet man das. Aber wir leben in einer Demokratie, da habe ich andere Erwartungen. Da will ich nicht den Methoden eines totalitären Regimes begegnen. Da will ich, dass das Grundgesetz wirklich Realität ist, dass man sich daran hält, dass das nicht bloß Klopapier ist. Das ist unsere heutige Gesellschaft und so will ich sie nicht haben. Wir leben in einer Demokratie – ich will sie zurück!
Frau Merkel, haben Sie das alles vergessen? Wissen Sie nicht mehr, wie das war und was das macht mit den Menschen? Wie sie misstrauisch werden, wie sie Angst haben, zu reden und zu schreiben, zu tun und zu lassen, was sie eigentlich wollen und was rein theoretisch auch nach DDR-Verfassung erlaubt war? Haben Sie das alles vergessen? Wollen Sie in einem Land leben, in dem die Geheimdienste außer Kontrolle geraten sind und nicht mal Sie selbst als Kanzlerin wissen, was da abgeht und wer Sie abhört? Wollen Sie die Kanzlerin sein, die ihr Land schutzlos den Cyberwar-Attacken ausländischer Geheimdienste ausliefert? Die Architektin eines neuen deutschen Überwachungsstaats? Wollen Sie das wirklich?
Ich habe gesagt, die Überwachung fühlt sich für mich heute so ähnlich an, wie damals bei der Stasi. Aber eine Botschaft möchte ich Frau Merkel und allen andern auch noch mitgeben: Etwas ist heute anders. Wir haben ein historisches, kollektives Gedächtnis und in diesem Gedächtnis, da ist festgeschrieben, dass wir damals gesiegt haben. Dass wir uns gewehrt haben gegen diesen Überwachungsstaat und dass es nicht möglich war, ihn aufrecht zu erhalten. Und genau das, das machen wir nochmal!
Frau Merkel, Sie sind unsere Kanzlerin – zumindest noch. Übernehmen Sie endlich Verantwortung als Kanzlerin und oberste Chefin der Geheimdienste! Das ist ein falscher Moment zum Aussitzen, zum Schweigen, zum Heucheln und zum das Volk belügen! Wir merken es nämlich trotzdem! Zeigen Sie, dass Sie die Lektionen aus der DDR gelernt haben und sich noch erinnern, wie falsch Überwachung ist und wie gefährlich. Wie wenig das mit einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung vereinbar ist. Wie es uns verändert und die Wurzeln der Demokratie kaputt macht!
Wollen Sie in einem Land leben, in dem das Volk Angst vor der eigenen Regierung hat? Schon wieder?! Sie wissen doch, wie sich das anfühlt! Egal wie, wir werden uns wehren! Wir werden weiter auf die Straße gehen! Wir werden nicht Ruhe geben, bis unsere Grundrechte wieder gelten!
Ich habe auf change.org eine Petition gestartet an das EU-Parlament und an die Europäische Kommission. Der Link steht hier unten: change.org/prism. 44.000 Menschen hatten diese Petition bis gestern schon unterschrieben. Die kann man nicht einfach ignorieren! In dieser Petition steht drin, dass wir uns Transparenz wünschen über das, was gelaufen ist. Wir wollen ja nicht nur, dass es aufhört, wir wollen überhaupt erst einmal verstehen, was da abgeht. Es ist ja nicht nur so, dass Frau Merkel keine Ahnung hat. Wir wissen ja auch nichts. Keiner weiß ja was. Der BND nicht, der Verfassungsschutz, alle haben keine Ahnung gehabt: “alles aus den Medien gelesen”. Bis man es dann ein paar Tage später selbst anders in den Medien liest.
In dieser Petition steht auch drin, dass wir ein internationales Überwachungsabrüstungsabkommen wünschen. Deutschland ist eine starke Kraft in der EU. Es spielt eine Rolle, ob sich eine Kanzlerin hinter so ein Ziel stellt, oder nicht. Es mag sich anhören wie eine unrealistische Zukunftsvision. Aber nukleare Abrüstung hat auch mal klein angefangen, sie ist noch nicht abgeschlossen, aber wir haben Fortschritte gemacht. Und solche Fortschritte brauchen wir wieder!
Und noch ein Letztes möchte ich Kanzlerin Merkel mitgeben: Wir leben heute nicht nur mit der Erinnerung an unseren damaligen Sieg gegen die Überwachungsgesellschaft, wir leben heute auch in einem Land, dass sich „Neuland“ nennt. Wir können uns heute viel besser vernetzen, mobilisieren und Transparenz herstellen. Notfalls von unten. Wir kriegen alles raus! Es gibt Menschen, wie Snowden, die dafür sorgen, die Whistleblower sind und unseren Schutz brauchen. Geheimdienste können nicht mehr richtig geheim sein. Die Überwacher werden jetzt auch überwacht und zwar von uns allen!
Kanzlerin Merkel, wir lassen Ihnen die Erosion unserer Grundrechte nicht durchgehen! Wir sind Piraten! Wir werden außerparlamentarisch und im Bundestag das Salz in der Wunde sein, um die Demokratie wieder zu schützen. Sie werden uns wegwünschen, aber nicht wegbekommen.
Wir sind Piraten, wir sind gekommen, um zu bleiben!

Sag noch mal einer, die Piraten sind eine Männerpartei 🙂 An dem nachstehenden Foto sieht man unschwer, das das wohl nicht (mehr) zutrifft. Zwei weitere Rednerinnen der Abschlusskundgebung sind auf diesem Bild zu sehen – 3. von links ist Cornelia Otto, Spitzenkandidatin für das Land Berlin und rechts neben ihr ist Melanie Kalkowski, die Spitzenkandidatin von Nordrhein-Westfalen, direkt neben mir steht Christiane Schinkel, der wir die schönen Demoschilder zu verdanken hatten.

Foto: Markus Hoffmann

Foto: Markus Hoffmann


Hier noch einige weitere Links:

 
 
 
 

Ihr habt nichts zu verbergen? Schaut Euch dieses Video zum Überwachungsstaat an!

Viele Menschen denken zur Zeit noch, der Überwachungsskandal ginge sie ja eigentlich nichts an, denn sie „haben nichts zu verbergen“. Das ist auch eines der Lieblingsargumente unserer Politiker, die ein Überwachungsgesetz nach dem anderen verabschieden (seit über 10 Jahren!), und uns einreden wollen, dass anständige Menschen ja dadurch nichts zu befürchten hätten. Aber mal ehrlich, haben wir wirklich nichts zu verbergen? Machen wir nicht trotzdem die Toilettentür zu und gehen auch bei Hitze nicht nackt auf die Strasse? Flüstern wir nie und sagen wir nie zu jemand anderem: „aber erzähl das nicht weiter!“? Natürlich haben wir alle Geheimnisse, das ist normal und menschlich und vor allem haben wir ein Recht darauf, Geheimnisse zu haben. Wir haben auch ein Recht auf die Unschuldsvermutung.
Wer aber dennoch denkt, er oder sie habe kein Problem mit Überwachung, oder wer das ganze Phänomen insgesamt nicht versteht, oder wer Freunde und Bekannte oder Familienmitglieder hat, denen es so geht, der/die sollte sich diese paar Minuten Zeichentrickvideo „Was ist ein Überwachungsstaat“ mal ansehen. Das ist Überwachungssstaat so einfach erklärt, dass es jeder versteht – einschließlich des Problems.
Erstellt hat das Video der kreative Schnellzeichner @manniac. Ich danke ihm herzlich für die hilfreiche Bebilderung eines doch komplexen Phänomens. Starten könnt Ihr das Video HIER oder durch Klick auf das Bild.

Screenshot - Erklärbärvideo von @Manniac

Screenshot – Erklärbärvideo von @Manniac


PS: Der Film ist noch keine 24 Stunden auf YouTube und hat schon mehr als 10.000 „Likes“… Wenn das mal nicht einer von den Filmchen wird, die politische Geschichte schreiben und die nach der Bundestagswahl als wichtiges Element des gesellschaftlichen Diskurses zitiert werden, wie die ACTA Videos auf YouTube, die Millionen Menschen ansahen und maßgeblich zu den Massenprotesten auf der Strasse beitrugen.

Wasserfest in Fürstenberg – Piraten lassen NSA und BND baden gehen

ADB am Infostand in FürstenbergAm 13. und 14.07.2013 fand in Fürstenberg an der Havel das jährliche Wasserfest statt, das 10.000 Gäste anzog. Wir waren mit einem Informationsstand auf dem Marktplatz das ganze Wochenende präsent, zum Teil in Piratenkleidern – passend zur Feststimmung in der Stadt.
Höhepunkt des Festes war wieder die Spaßbootregatta am Samstag, an der sich auch Piraten aus Brandenburg, Berlin und Hessen mit drei Booten beteiligten. Wir hatten uns für unseren Spaßbootbeitrag überlegt, wie wir einerseits dem Charakter des Festes entsprechen und andererseits uns wichtige Botschaften vermitteln konnten.
Überwacherboot - wir werden ausgehorcht und beobachtetDie Idee dazu hatten wir zwei Wochen vor dem Fest, das war zwar wenig Zeit, aber Piraten können schnell mobilisieren und organisieren. Mit zehn Piratinnen und Piraten hatten wir eine Besatzung für drei Kanus schnell zusammen. Eines der Boote und seine Besatzung symbolisierten die Massenüberwachung, die anlasslos durch ausländische aber auch durch deutsche Geheimdienste offenbar Alltag ist und Menschen im ganzen Land empört.
Überwacherboot Stasi 2.0Das Boot trug entsprechende Beschriftungen, eine britische Fahne (Tribut für das Spionierprogramm Tempora, mit dem der britische Geheimdienst monatlich 500 Millionen deutsche Kommunikationsdatensätze speichert) und zwei perfekt als Überwacher verkleidete Piraten.
Mit ihren schwarzen Anzügen, Sonnenbrillen und Krawatten nebst Abhörgeräten, die sie auf die Besucher des Festes richteten – und auf uns anderen Piraten – sahen sie beunruhigend aus, Bilderbuchstereotype aus Spionagekrimis.
Piratenboot - mit ADB, Cornelia Otto, Friedrich SchumannAuf unseren beiden anderen Booten waren wir alle in historischen Piratenkostümen verkleidet, an Bord waren auch Piraten- und Friedensfahnen. In unserer kleinen Choreographie griffen die Piratenboote das Überwacherboot an, ich enterte es und hatte das Vergnügen, die beiden Überwacherdarsteller in den Schwedtsee zu werfen. Mit mir im Boot Cornelia Otto, die Spitzenkandidatin für die Piraten Berlin bei der Bundestagswahl 2013.
Der Überwacher landet im WasserWie in alten Märchen triumphierte bei uns auf dem Wasserfest das Gute über das Böse. Im realen Leben geht das leider nicht so schnell und vor allem nicht so einfach. Immer noch erfahren wir in jeder Woche neue erschreckende Details zum Überwacherskandal und was unsere Bundesregierung eigentlich doch alles gewußt hat aber immer noch nicht zugeben mag. Jede Woche gibt es ein Programm mehr, das seltsamerweise auch Prism heißt- aktuell sind es drei davon. Dafür werden die verhinderten Terroranschläge immer weniger. Sprach Bundesinnenminister Friedrich nach seiner USA Reise noch von 5 in Deutschland verhinderten Anschlägen, waren es kurz darauf nur noch 2, inzwischen ist keiner übrig geblieben, bei dem durch anlasslose Massenüberwachung ein nennenswerter Hinweis erbracht wurde.
Beim Wasserfest in Fürstenberg gab es auch ein Boot des „Herrn Wichmann von der CDU“, bekannt aus einem unterhaltsamen Dokumentarfilm für den er bei seinem erfolglosen Wahlkampf für den Bundestag 2009 begleitet wurde. Vor dem Start der Regatta besuchte er unsere Boote und schnell entspann sich eine heftige Debatte um die Überwachung von Telefon- und Internetdaten. Man darf Herrn Wichmann getrost unter den „Extrem Hardlinern“ mit wenig Kenntnis des Grundgesetzes einsortieren – zumindest bekam ich durch seine Aussagen diesen Eindruck. Seine Meinung lässt sich kurz zusammenfassen: wer nichts zu verbergen hat (so wie er selbst), dem ist es doch egal, ob er überwacht wird, außerdem ist doch eh klar, wenn man das Internet nutzt, dass die Daten da vogelfrei sind und wer das nicht will, der soll das Internetnutzen halt sein lassen. Er fragte uns auch, ob wir schon persönlich einen Schaden erlitten hätten, weil jemand unsere Daten mitgelesen hätte und wies auf die Terrorbekämpfung hin. Unsere Argumente, dass es doch ein Post- und Fernmeldegeheimnis mit Verfassungsrang gäbe, zählten für ihn nicht. Seine Pseudoargumente hielt er dagegen. Ich glaube, dass Politik auch baden geht, so wie der Überwacher, den wir ins Wasser warfen, wenn unsere Volksvertreter der Verfassung so wenig Gewicht beimessen.
Überwacher geht badenUnd ja, ich habe einen Schaden erlitten, wenn jemand meine Daten abzapft und speichert und inzwischen ist ja hinreichend bekannt, dass das praktisch die gesamte Internetkommunikation betrifft – also auch meine. Mein Schaden ist die Verletzung eines hochrangigen Grundrechtes, meines Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung, das Post- und Fernmeldegeheimnis – das grundsätzlich auch für elektronische Post- und Kommunikation gelten muss. Herr Wichmann hatte auch darauf eine Antwort – nämlich, dass das alles sowieso niemanden außer uns interessieren würde und deshalb die CDU 40% hätte und die Piraten nur 3%. Am nächsten Tag wurde übrigens eine EMNID Prognose veröffentlicht, die die Piraten bei 4% und damit nur noch ein Haarbreit vor der Einzugshürde in den Bundestag sah, Forsa in der Woche darauf hat diese Prognose bestätigt. Aber davon mal ganz abgesehen, ist es für eine Bewertung der Verfassungswidrigkeit einer anlasslosen Massenüberwachung der gesamten internet-basierten Kommunikation der deutschen Bevölkerung auch völlig unerheblich. Seine Aussage zeugt allein von Arroganz und davon, dass das Grundgesetz für ihn offenbar eine Bagatelle ist.
Tagesthemen 15.07.2013Über das Wasserfest und unsere Beteiligung haben jedenfalls viele Medien berichtet, selbst die Tagesthemen zeigten unsere Boote und ein kurzes Statement von mir. So macht Wahlkampf Spaß – auch bei ernsten Themen. Diesen Teil der Tagesthemen gibt es natürlich auch auf YouTube.
Am Samstag, dem 27.07.2013 bin ich in Stralsund dabei, wenn am weltweiten Aktionstag gegen Prism und sonstige inländische und ausländische Massenüberwachung auch an vielen Orten in Deutschland demonstriert wird. Wer sich kurzfristig beteiligen möchte, findet eine Übersicht der Veranstaltungsorte HIER. Ich werde im Wahlkreis von Angela Merkel dabei sein – diesmal wieder im historischen Kostüm, schließlich sind dort noch die Wallensteintage :-).
Meine Petition bei change.org hat inzwischen schon 44.000 Mitzeichner. Ich bin zuversichtlich, dass es noch 100.000 werden (dazu bitte mit Unterschrift und Verbreitung beitragen!).
Wer sich noch fragt, warum er oder sie betroffen sein sollte, der kann diesen Artikel von Sascha Lobo lesen. Spätestens danach sollte man heftige Gefühle haben, die nach Protest auf der Strasse verlangen.