Liebe Piratinnen u Piraten,
Wir als LaVo sind nun ziemlich genau seit 100 Tagen im Amt und haben in der Zeit ziemlich steile Lernkurven erfahren – und das geht wohl auch noch eine Weile so weiter 🙂 Es kommt uns trotzdem vor, als sei unsere Wahl im August noch gar nicht so lange her, denn hinter uns allen liegen aufregende Zeiten. Bis zum 22.9. haben wir alle gemeinsam viel bewegt, im LaVo und an der Basis. Wir haben mit wie immer sehr begrenzten Ressourcen aber hohem Einsatz einen Wahlkampf gestemmt, auf den wir alle stolz sein können.
Wir haben nicht das Ziel erreicht, das wir uns erhofft haben, aber am fehlenden Einsatz in Brandenburg hat das bestimmt nicht gelegen. Es gibt Piraten, die haben Tausende von Km zurückgelegt, um zig Infostände zu machen, unzählige Plakate auf- und auch wieder abzuhängen oder tausende von Flyern per Hand zu verteilen. Wir haben uns mit neuen und mit bewährten Wahlkampfaktionen engagiert, mit jeder Menge Kryptoparties, einem Regiowahlkampf gemeinsam mit den Berlinern, mit einem Überwachungsboot Schauspiel bei der Fürstenberger Spaßbootregatta oder bei etlichen Einsätzen des Gläsernen Mobils, das vom Norden bis in den Süden Brandenburgs auf bildstarke Weise die Tatsache der Rundumüberwachung von Bürgerinnen u Bürgern deutlich gemacht hat.
Alle die, die bei einer der Übernachtungsaktionen im Gläsernen Mobil dabei waren, werden sich noch gut daran erinnern, wie schlecht es sich darin schläft aber auch was es für psychische Wirkungen auf einen hat, wenn man von überall her beobachtet werden kann. Wir haben so mit kreativen und eigenen Methoden vermitteln können, was eigentlich schwer vermittelbar ist – den gläsernen Bürger.
Aber trotz allen Engagements, und obwohl wir auch keinen Mangel an Medienpräsenz zum Sommerthema NSA Überwachung hatten, war es für Wählerinnen und Wähler eben doch kein entscheidendes Thema. Soziale Fragen, wie Harz4, Miet- und Strompreise, Mindestlohn, Arbeitsplätze und dergleichen waren viel wichtiger. Wir haben auch dafür programmatisch gute Antworten aber wir haben es als Partei noch nicht geschafft, auch mit diesen anderen Themen Gehör zu finden.
Das wird für uns eine der wichtigsten Aufgaben der nächsten 10 Monate sein: unser Wahlprogramm inhaltlich zu vervollständigen und Mittel und Wege zu finden, es in seiner ganzen Bandbreite den Wählern zu vermitteln. Bei diesem Programmparteitag wollen wir genau dafür wichtige Weichen stellen. Wir brauchen jeden Einzelnen dafür, die Kreativität, die Zeit und Energie aller Piraten, um sie auf diese großen Aufgabe zu richten. Wir können auf niemanden verzichten und ich wäre sehr stolz auf diesen Landesverband, wenn wir genau das hinbekommen: unsere Prioritäten klar auf die politischen Herausforderungen des kommenden Jahres auszurichten.
Schon im Mai stehen die nächsten beiden Wahlen an für die wir durchaus gute Chancen haben. Bei der Europa-Wahl gibt es nur eine 3% Hürde und die ist ja wohl schaffbar! Jedenfalls in Zeiten, in denen sich die großen Parteien weiter unglaubwürdig machen, nicht nur aber vor allem auch im Zusammenhang mit der Aufklärung der Massenüberwachung durch ausländische Geheimdienste. Es fehlt eine starke Haltung Deutschlands gegen die USA aber auch gegen das EU Mitgliedsland Großbritannien.
Wo bleibt denn das EU Vertragsverletzungsverfahren gegen England und wann wird der britische Botschafter ins Außenministerium einbestellt? Warum entrüsten sich Politiker der Regierung über die Tatsachen und Rechtsverletzungen, die die Informationen von Edward Snowden ans Tageslicht brachten aber weigern sich dann, ihm hier in unserem Land Schutz zu gewähren? Wie kann man allen ernstes auch nur daran denken, jemanden an ein Land auszuliefern, der uns Kenntnis über illegale Spionageangriffe eben jenes Landes auf unser Land zugetragen hat, gegen die wir uns nur dadurch überhaupt wehren können?
Hat es im September viele Menschen noch nicht so aufgeregt, dass wir als ganzes Volk überwacht werden, so gab es doch mit der Merkelphone Affaire eine Veränderung in der öffentlichen Wahrnehmung. Die plötzliche Aufregung der Kanzlerin stand in krassem Widerspruch zu ihrer Gelassenheit, als es bloß um die Telefone und Emails von Erika und Otto Normalwählerin ging. Viele Menschen werden bemerken, dass bei den Koalitionsverhandlungen nicht ein größerer Schutz ihrer Privatsphäre sondern noch mehr Überwachung herauskommen wird. Das spielt uns zu aber wie schon im September wird es nicht ausreichen.
Für die Europawahlen werden wir auch auf andere Schwerpunkte setzen, etwa Demokratiethemen und Transparenz. Wieder werden Geheimverträge zwischen den USA und der EU ausgehandelt wie damals bei ACTA. Wieder sind sie von Lobbyisten geschrieben und nur durch einen Leak an die Öffentlichkeit geraten. Wieder beinhalten sie unvorstellbare Eingriffe in demokratische Grundrechte und die Souveränität von Staaten zugunsten großer Konzerne, deren materielle Interessen höchsten Stellenwert erhalten sollen. Nationale Schutzrechte wie Umwelt- und Verbraucherschutz werden dann nachrangig sein und Regierungen würden Schadenersatz in Milliardenhöhe aus Steuergeldern zahlen müssen, weil Firmen wegen Wettbewerbseinschränkungen gegen alles das klagen können.
Dieses Abkommen würde auch wieder private Urheberrechtsverletzungen massiv kriminalisieren und zur Überwachung des Internetverkehrs durch ISPs führen, es würde Patente für medizinische Eingriffe möglich machen, die es bisher nicht gab, es würde die Herstellung bezahlbarer Generika verzögern und immer würde es bei der Abwägung von Gemeinwohl und Wirtschaftsinteressen zugunsten der Wirtschaft entscheiden – auf Kosten selbst von Menschenleben. Wir dürfen uns dann auch freuen: auf nicht deklariertes Genfood und auf Chlorhähnchen made in USA, die bisher in Europa verboten sind, mit dem Freihandelsabkommen nach Wunsch der USA aber nicht mehr.
Mit diesem neuen Vertragswerk, genannt TTIP – Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (Transatlantic Trade and Investment Partnership) wäre die ganze Debatte um direkte oder repräsentative Demokratie egal, weil keine davon mehr eine ausreichende Rolle spielen könnte, weil an erster Stelle internationale Großkonzerne stehen werden und was die Bedürfnisse ihrer Geldgeber sind, aber nicht, was ein Volksentscheid oder ein Parlament beschlossen haben.
Wir müssen den Wahlkampf nutzen, um gegen solche Auswüchse vorzugehen und mit aller Kraft zu verhindern, dass ein solcher Vertrag von Deutschland mit unterzeichnet wird. Deutschland ist in der EU die wichtigste wirtschaftliche und politische Macht. Es wird entscheidend sein, ob wir dieses Agreement mittragen oder nicht. Wir müssen massiven Druck auf die Straße bringen, um das zu verhindern. Es darf kein zweites, und noch viel schlimmeres ACTA geben.
ACTA wurde verhindert, weil Millionen Menschen auf der Welt sich in unzähligen Aktionen dagegen gewehrt haben. Gegen den menschenfeindlichen Inhalt aber auch gegen den intransparenten, höchst undemokratischen Prozess seiner Entstehung, der auch jetzt wieder der gleiche ist. Die Zivilgesellschaft ist dabei außen vor, die Lobbyisten schreiben an den Entwürfen fleißig mit und sind immer im Bilde. Die Piraten waren eine der Kräfte, die sich mit vielen anderen gegen ACTA verbündeten und durch diesen gemeinsamen Widerstand ACTA verhindert haben. Genau das müssen wir wieder machen und das wird auch ein Teil unseres Wahlkampfes sein.
Wir werden uns dazu wieder mit anderen verbünden, online und offline mobil machen und eine Lanze für Transparenz und demokratische Prozesse auf Europäischer Ebene brechen, gegen die Übermacht des Lobbyismus. Wir werden unsere internationale Stärke dabei zeigen können, denn keine andere Partei ist wie die Piraten in so vielen Ländern mit gleichen Werten und Visionen zu finden. Das ist ein Vorteil, den wir gerade im Europawahlkampf nutzen können.
Auch für die Kommunalwahl haben wir uns hier in Brandenburg viel vorgenommen und werden z.T. mit offenen Listen um eine gute Aufstellung kämpfen. Die ersten AV sind schon gelaufen. Im Kommunalwahlkampf werden lokale Themen die größte Rolle spielen und alle die Piraten besonders gut positioniert sein, die bereits engere Anbindungen an die Lokalpolitik haben. Wie für die Landtagswahlen werden einige Programminhalte dabei besonders wichtig sein: Bildung, Mobilität und Zukunftschancen in Gegenden, die vom demographischen Wandel betroffen sind.
Bei der Kommunal- und Landtagswahl haben wir jedoch einen ganz besonderen strategischen Vorteil und das ist unsere Attraktivität für junge Wähler, die sich von anderen Parteien wenig repräsentiert sehen. Das Wahlalter ist bei beiden Wahlen 16 Jahre. Bei der Juniorwahl haben wir jedoch sehr gute Ergebnisse erziehlt. Generell lag Deutschland bei der Juniorwahl bei über 12% für die Piratenpartei, an 4. Stelle, nach schwarz, rot und grün. Eine halbe Million Jugendlicher gaben bei der Juniorwahl ihre Stimme ab. Brandenburg stand in der Beteiligung von Schulen an der Juniorwahl an 5. Stelle von 16 Bundesländern.
Auch bei der kurz vor der BTW durchgeführten U18 Wahl haben wir bundesweit 12% gewonnen, aber in Brandenburg waren die Piraten sogar mit über 15% die drittstärkste Partei nach CDU und SPD. In Barnim-Uckermark waren wir sogar die stärkste Partei mit fast 21%. Wenn ich nicht irre, was das das beste Ergebnis bundesweit und ich finde wir könnten auf unsere Wahlkämpfer in Barnim-Uckermark sehr stolz sein! Aber auch Im Landkreis Märkisch Oderland –Barnim II, in Frankfurt Oder/Oder Spree und in Elbe Elster / Oberspreewald waren die Piraten zweitstärkste Partei in der U18 Wahl. Das ist ein Potenzial, auf das wir bauen können. Das sind Zahlen, die uns auch Mut machen können, wenn sich 2% mal wieder deprimierend schlecht anhören.
Uns werden Wahlergebnisse nicht in den Schoß fallen aber für uns spielt die Zeit. Wir sind keine Übernachtpartei, die mal eben ein paar Protestwähler toll finden, auch wenn das eine Zeitlang Gott und die Welt so gedacht haben. Wir sind eine Partei für die digitale Gesellschaft, und für die Zukunft und wir werden einen langen Atem haben und haben müssen. Auch die Grünen haben lange gebraucht, bis sie in Parlamente eingezogen sind, hätten sie damals nach den ersten Niederlagen aufgegeben, säßen sie heute nicht in Landesregierungen und würden keinen Ministerpräsidenten in Baden Württemberg stellen. Bei allem Chaos und anfänglicher Selbstzerfleischung haben die Grünen nämlich Durchhaltevermögen im Interesse der Sache gezeigt. Genau deshalb gibt es für uns keinen Grund, pessimistisch zu sein! Es gibt im Gegenteil, jede Menge Anlass für Optimismus und Wahlkampflust.
Neben dem für uns positiven, niedrigeren Wahlalter haben wir bei der Kommunalwahl auch keine Hürde zu überspringen. Es gilt die Verhältniswahl, also für jedes Prozent, das rechnerisch einen Sitz im Stadtparlament ergibt, wird ein Pirat oder eine Piratin in ein Kommunalparlament einziehen. Es besteht damit gar kein Zweifel daran, dass wir nach den Kommunalwahlen in Brandenburg noch mehr Piraten in Stadträten vertreten haben werden, die direkt an der Basis den Bürgerinnen und Bürgern zeigen können, wie anders wir arbeiten, wenn man uns machen lässt. Wir nehmen den Begriff „Volksvertreter“ nämlich ernst, das zeigen wir nicht zuletzt mit Angeboten wie openantrag.de, das inzwischen von 46 Parlamenten mit Piratenbeteiligung – darunter viele Kommunen – genutzt wird.
Von Mai bis September können wir dann in noch mehr Kommunen unser Bestes geben, um bei der Landtagswahl zu zeigen, dass wir eben nicht nur leere Versprechen abgeben. Das alles klingt nach richtig viel Arbeit und das ist es auch. Aber es ist politische Arbeit für eine Sache, wegen der wir alle Mitglieder dieser Partei sind. Für eine Sache, die jede Woche und jeden Tag wichtiger wird und für die sich niemand so verantwortlich fühlt wie wir. Das ist nicht nur der Einsatz für einen transparenten Staat und mehr Mitbestimmung und auch nicht nur der Kampf um unser aller Privatsphäre.
Es geht vor allem auch darum ein Rechtssystem aufzubauen, dass in die digitale Gesellschaft passt, das offen, gerecht und inklusiv ist. Dazu gehören auch Themenfelder wie das Bedingungslose Grundeinkommen, ein gerechteres Gesundheitssystem, Breitband in der Provinz, freier Zugang zu Wissen und Kultur und eine Bildung, die unseren Kindern ermöglicht, sich nach ihren Talenten zu entwickeln. Dazu gehört auch noch viel mehr und etliches von diesen Themen werdet Ihr in den Anträgen wieder finden, die wir heute und morgen hier debattieren wollen.
Ich freue mich auf diese Debatte rund um unser Programm, denn mit jedem inhaltlichen Antrag, den wir auf diesem LPT beschließen, wird unser Programm vollständiger und besser werden. Auch wenn dieser LPT etwa hinsichtlich der Versorgung vielleicht nicht unser luxuriösester sein wird, so haben wir immerhin in gerade mal 8 Wochen nach dem Mammutaufwand für die Bundestagswahl einen LPT organisiert bekommen und das ist schon eine Leistung, dafür, dass alles nur im Ehrenamt passiert und ohne fette Sponsoren, wie man sie bei den anderen Parteien regelmäßig sieht.
Ich bin dankbar für ein so gutes LaVo Team, mit dem auch solche Hauruck Aktionen möglich sind. Den größten Dank für die Orga hat sich dabei Friedrich verdient als derjenige, der im LaVo für Veranstaltungen zuständig ist. Aber was ist ein LaVo ohne Basis! Im Vorfeld des LPT und vor allem gestern abend haben viele Piraten diesen Raum für uns vorbereitet und ausgestattet. Ich finds im übrigen schön hier und hej – wir sind ja nicht zum essen gekommen, sondern um unser Programm zu machen :-).
Bevor wir nun wirklich loslegen, möchte ich Euch noch jemanden vorstellen: eine Piratin, die etliche von Euch schon vom Wahlkampf kennen, den sie etliche Male bei uns unterstützt hat, obwohl sie eigentlich Berlinerin ist. Ich meine Cornelia Bürger, die seit 30 Jahren Journalistin und selbst Mitglied der Bundespressekonferenz ist und die für uns als Pressesprecherin arbeiten möchte. Hier auf dem LPT möchte sie Euch kennenlernen und auch Euch eine Gelegenheit geben, sie ihrerseits kennenzulernen. Sie wird hier schon die Pressebetreuung übernehmen und steht Euch daneben Rede und Antwort für jede Frage, die Ihr habt. Aber jetzt hat sie kurz selbst das Wort, bevor wir dann als nächstes mit den üblichen Formalien loslegen.
"Auch Du wirst überwacht" – Eine Aktion zu #Merkelphone am Kanzleramt
Am 24.10.2013 haben mein Mann und ich dem Kanzleramt einen Besuch abgestattet. Mein Mann hatte dort ein Geschenk für die Kanzlerin abzugeben. Die Geschichte dahinter steht hier im Blogpost. Alle Bilder stammen von der Aktion.
Endlich regt sich unsere Kanzlerin auf über den NSA Überwachungsskandal. Hat ja auch lange gedauert. 80 Millionen überwachte Staatsbürger*innen haben dazu nicht gereicht – jedenfalls nicht, so lange Kanzlerin Merkel seltsamerweise davon ausging, nicht Teil dieser 80 Millionen zu sein. Aber nun ist es raus, auch ihr Handy wurde von amerikanischen Geheimdiensten überwacht. SKANDAL! Weltweit sollen mindestens 35 Staatsmänner und -frauen betroffen sein, warum also sollte die „mächtigste Frau Europas“ davon ausgenommen sein?
Ach so, die Antwort kennen wir ja schon. Weil Freund Barack seiner Freundin Angela ja versichert hatte, dass sie natürlich nicht auspioniert wird und weil doch Freunde einander die Wahrheit sagen. So oder so ähnlich hat Frau Merkel wohl gedacht, also sie auf sein charmantes Lächeln hereinfiel – oder auf die Beteuerungen ihres großartigen Innenministers Friedrich („7, ähm, 5, ähm 2, ähm 0 Terroranschläge wurden verhindert“) oder des Kanzleramtssprechers Pofalla („Millionenfache Überwachung? Gibts nicht, alles geklärt, ich beende daher diese vermeintliche Affaire“).
An Naivität und Gutgläubigkeit ist das kaum noch zu überbieten. Ich würde so gern unsere Kanzlerin einmal fragen, warum in Gottes Namen sie ausgerechnet einer Regierung glaubt, deren Repräsentanten nachweislich in dieser Angelegenheit lügen und nationales sowie internationales Recht gebrochen haben? Das US Parlament wurde angelogen von NSA Vertretern. UN Diplomaten wurden völkerrechtswidrig bespitzelt, EU Einrichtungen verwanzt und damit ganz offiziell Spionage betrieben. Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht? Das soll für alle Grundschulkinder gelten aber offenbar nicht für Regierungen, die Atomwaffen besitzen, Kriege auf Basis erfundener Behauptungen führen, Kinder und Zivilisten neben sogenannten „Targets“ mit ferngesteuerten Drohnen ermorden – ohne, dass irgendjemand irgendeine Chance hat, einen Rechtsweg zu beschreiten, seine oder ihre Unschuld zu beweisen. Ich nenne das Mord. Mit Rechtsstaat hat das nicht mehr viel zu tun. Und so einer Regierung glaubt Angela Merkel? Wegen dem Friedensnobelpreis vielleicht?
Angela Merkel hat neben einem fahrlässig hohen Grad an Naivität offenbar die längste Leitung dieser Welt und neigt zum Vergessen offensichtlicher Tatsachen. Aus diesem Grund haben wir, mein Mann und ich, beschlossen, ein wenig Unterstützung von Piratenseite zu leisten. Die Idee kam von Pirat Raimond aus dem Havelland am Mittwoch – 23.10.2013 – dem ersten Abend der Merkelphone-Affaire als er ein paar ausgemusterte Wahlplakate abholen wollte. Aus der Idee wurde in einer nächtlichen Aktion ein konkreter Plan.
Bei uns stehen noch viele Wahlplakate von der Bundestagswahl herum, darunter welche mit dem passenden Slogan „Auch Du wirst überwacht“ und dem Konterfei meines Mannes Daniel. Neben dem Parteilogo stand darunter „Piraten wählen“ – das paßt zwar immer, denn nach der Wahl ist vor der Wahl – aber wir änderten es für Frau Merkel in „Piraten zuhören“. Auf den freien Hintergrund schrieb Daniel eine persönliche Widmung:
Bitte nicht nochmal vergessen! Daniel“
Dazu schrieb er noch einen persönlichen Brief. Ich nutzte so um Mitternacht Twitter, um per DM das Interesse von ARD und ZDF über unsere für den nächsten Tag geplante Aktion zu wecken und war begeistert, dass das klappte.
Am folgenden Donnerstag morgen machten wir uns nach kurzer Nacht auf den Weg zum Kanzleramt, um unsere großen „gelben Merkzettel“ an Frau Merkel zu übergeben. Natürlich war uns klar, dass Merkel selbst natürlich keine Zeit und Lust haben wird, unser Geschenk entgegenzunehmen. Aber abgeben – das geht natürlich. Vorher beantwortete Daniel den Sendern noch ein paar Fragen zur Aktion und zur Merkelphone-Affaire mit dem Kanzleramt als imposanter Kulisse, dann ging es zum Pförtnerhäuschen.
Der Pförtner bat Daniel zu warten. Wenigen Minuten später erschien eine Dame von der Sicherheit, die mit einem lustigen Gerät Brief und Plakat auf verdächtige Spuren scannte, nichts fand und wieder verschwand.
Wir warten noch ein paar Minuten. Ein Herr, zur Abwechslung ohne Uniform, tauchte auf und stellte sich als Vertreter der Poststelle vor. Auch er unterhielt sich mit Daniel, der ihm erzählte, warum er der Kanzlerin diese Gedächtnisstütze als praktische Erinnerung an den Umstand, dass wir ALLE überwacht werden, schenken möchte. Die Wahlplakate seien ja bei uns übrig und die Piraten hätten diese Erkenntnis ja auch schon lange und daher die Erinnerung daran auch nicht mehr so nötig, wie die Kanzlerin.
Der Mann von der Poststelle konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Neben ARD und ZDF, die das alles zwar mit Ton und Bild aufgezeichnet aber meines Wissens nicht veröffentlicht hatten, hat auch Piratin Cornelia Otto mit dem Smartphone die Übergabe gefilmt, die Technik gab leider unter diesen Rahmenbedingungen keine Audioaufzeichnung her – aber es gibt ja noch Fotos :-).
Den kleinen Film von Cornelia – auf Twitter als @Tikkachu bekannt – gibt es auch HIER. Der Mensch von der Poststelle ließ uns alle etwas rätselnd zurück, denn er ging nicht nach links in Richtung Kanzleramt sondern nach rechts in Richtung einer Art Tiefgarage.
Wir spekulierten alle miteinander, ob es denkbar wäre, dass er das Plakat samt Brief für die Kanzlerin einfach in einen Müllcontainer stopft… Wenn jemand weiß, was sich in den Katakomben rechts vom Pförtnerhäuschen des Kanzleramtes befindet, laßt es mich wissen. Ich bin immer noch neugierig.
Etliche Bürger*innen haben das ganze interessiert verfolgt und uns schon im Vorfeld Fragen dazu gestellt. Jeder schien verwundert über das seltsam späte und bigotte Aufwachen unserer Kanzlerin. Etwas enttäuscht bin ich von den Medien, die uns begleitet haben – was eine großartige Sache war, gerade wegen der extremen Kurzfristigkeit – aber keines hat davon etwas verwendet (oder ich habe es einfach nicht mitbekommen, her mit einem Hinweis, wenn ich falsch liege!). Von allen möglichen Parteien wurden Statements veröffentlicht – wenigstens online, aber nicht von der Piratenpartei. Verstehen kann ich das nicht, denn das ist und war schon immer UNSER Thema, es war unser Schwerpunkt im Bundestagswahlkampf, der ja erst ultrakurz zurückliegt. Falls jemand den Piraten mal wieder vorwerfen möchte, wir machten politisch oder in der Öffentlichkeitsarbeit nichts daraus, der sollte sich stattdessen fragen, was wir noch machen sollen, um es in die Medien hinein zu schaffen mit unseren Positionen.
Also machen wir weiter das mit der Medienarbeit von unten – hier gibts die Geschichte und hier gibts die Bilder und immerhin ein Video, wenn auch ohne Ton. Vielleicht schaffen es ja die Öffentlich-Rechtlichen doch noch, das Material online und damit zur Verfügung zu stellen. Ich würde mich sehr darüber freuen.
Um fair zu sein – Aufmerksamkeit in den Medien gibt es natürlich trotzdem, so wurde ich kurz vor Beginn der Aktion am Kanzleramt von der Redaktion Maybrit Illner angerufen und für die thematisch neu geplante Sendung für den gleichen Abend eingeladen. Wer eine Stunde Zeit hat, kann sich die vollständige Debatte bei Illner HIER ansehen (der US Amerikaner ist erschütternd makaber in seinen Äußerungen, SPD Oppermann windet sich in der Frage der Vorratsdatenspeicherung – seine Aussagen darf man getrost interpretieren als „ja klar, wir die SPD tragen die VDS in einer Rot-Schwarz-Koalition mit, Hauptsache, es wird – wie vom Bundesverfassungsgericht eh vorgeschrieben – eine Art Lightversion“ – die natürlich ebenso gefährlich wie überflüssig ist).
Wer nur ein paar Minuten hat, hier gibts einen Zusammenschnitt, eine Art Trailer von 7 Minuten (Danke @bananenrepublik!). Es gab auch viele Radiointerviews zum Thema für meinen Mann und mich, und einige Fernsehgeschichten sind auch noch geplant, u.a. werde ich mich vorr. am 29.10.13 auf nTV in der Sendung „Das Duell“ mit einem Vertreter der CDU zum Thema Überwachung auseinandersetzen. Auch im britischen Guardian wurde ich mit einem Statement zitiert (HIER). Lesenswert ist auch ein Interview mit Daniel im Handelsblatt, in dem es neben dem Film InsideWikiLeaks auch um die Merkelphone-Affaire geht.
Aus gegebenem Anlaß verlinke ich hier noch einmal ein Fragenkatalog des parlamentarischen Kontrollgremiums aus dem Sommer an die Bundesregierung – es sind 18 Seiten voll brennender Fragen. Wenn jemand den Antwortkatalog dazu kennt – her damit. Meines Wissens sind die meisten dieser Fragen immer noch offen. Aber auch der Umstand, dass es offene Fragen in der Sache gibt, ist ja Angela Merkel erst jetzt wieder eingefallen. Wem spricht sie wohl zuerst ihr nächstes vollstes Vertrauen aus? Pofalla oder Friedrich? Und schade eigentlich, dass diese Superpower des „vollsten Vertrauens“ nicht auch über den Atlantik hinweg funktioniert. Und schade auch, dass die Bundesregierung nach wie vor nicht verstehen kann, dass man Freunde nicht nur über den Ozean hinweg nicht überwacht sondern schon gar nicht im eigenen Land. Tut man das doch, wie die 25 Überwachungs- und Sicherheitsgesetze zeigen, die mit Merkel als Kanzlerin verabschiedet worden sind, dann betrachtet man wohl sämtliche 80 Mio Einwohner pauschal als Feinde, Verbrecher und Terroristen. Willkommen im Boot, Frau Merkel.
The Fifth Estate – das komische Gefühl, sich in einem Hollywoodfilm wieder zu finden
Es ist kein Geheimnis, dass ich mit Daniel Domscheit-Berg verheiratet bin und auch nicht, dass er drei Jahre lang als Nummer zwei von WikiLeaks gemeinsam mit Julian Assange WikiLeaks aufgebaut hat. Über diese Zeit schrieb mein Mann sich das Buch „Inside WikiLeaks“ von der Seele und eben jenes Buch floss (neben etlichen anderen Quellen) in das Drehbuch für einen Film von Dreamworks ein. Der Film heißt im Original „The Fifth Estate“, in Deutschland kommt er mit dem Titel „Inside WikiLeaks – die Fünfte Gewalt“ über Constantin Film in die Kinos. Er thematisiert am Beispiel der frühen Geschichte von WikiLeaks die Macht des Internets, als neue Kraft neben Legislative, Exekutive und Judikative sowie den Medien als der vierten Gewalt. (Wikipediaeintrag zum Film).
In diesem Film wird mein Mann von Daniel Brühl, einem meiner Lieblingsschauspieler gespielt, gerade läuft mit ihm in der Hauptrolle als Niki Lauda auch der Film Rush in den Kinos. Julian Assange wird dargestellt durch Benedict Cumberbatch, bekannt u.a. als Sherlock. Ich war schon bei den Dreharbeiten in Berlin beeindruckt, wie authentisch er erschien – in Gestik, Mimik und Dialekt – bis hin zum Aussehen (man muss den Film daher eigentlich unbedingt in der Originalfassung sehen!). Als Statistin habe ich in Berlin an drei Drehtagen mitgespielt als Kongressteilnehmerin der CCC Kongresse von 2008 und 2009, übriggeblieben ist eine halbe Sekunde im Film, wo ich im Auditorium des großen Saales im BCC sitze (mal sehen, wer mich entdeckt ;-)). Es war faszinierend, mal so einen Dreh mitzuerleben, das ganze lief hochprofessionell ab, die Kulisse fand ich nah dran an den „richtigen“ CCC Kongressen. Ich hab sogar ein wenig Guerillaknitting in das Set geschmuggelt, das ist auch authentisch, denn die gleichen Strickstücke waren schon auf richtigen CCC Kongressen im Einsatz (siehe Bild).
Im Film kommt aber auch eine Figur vor, die meinen Namen trägt und von Alicia Vikander gespielt wird. Leider hatte sie in Berlin keinen Auftritt, ich bin ihr also nicht begegnet, mein Schauspieler Alter-Ego hätte ich schon gern kennengelernt.
Ich fand es extrem schräg, eine fremde, super junge und bildschöne Frau mich darstellen zu sehen. Sie trug meinen eigenen Schmuck (den hat meine Schwester eine begnadete Goldschmiedin mit Werkstatt in Kiel geschaffen) und rote Strumpfhosen, so wie ich oft. Bei den Dreharbeiten bekam ich extra ein Verbot, rote oder orangene Sachen zu tragen, damit ich als kleine Statistin nicht den Farbcode von Alicia Vikander dopple. Die Ansage war: „You can wear whatever you want, as long as it does not look like typical you“ – das ist gar nicht so einfach… Alicia hat in einem on set Interview ein paar Fragen zum Film beantwortet. Erst dort ist mir aufgefallen, dass sie sogar meinen Zickzackscheitel trägt :-). HIER kann man es nachhören (oder Klick auf das Bild oben).
Der Film ist an vielen Stellen nah an den wahren Begebenheiten dran, aber er erfindet auch Sachen, läßt andere weg, stellt Vieles vereinfacht dar oder anders als es war. Das betrifft die Rahmenhandlung und konkrete Aktivitäten einzelner Protagonisten, Schauplätze des Geschehens oder auch Zeiträume, in denen etwas passierte. Ich kann und will keine Liste aller Details erstellen, in denen sich der Spielfilm von der Realität entfernt hat. Aber ein paar Punkte, die mich selbst betreffen, will ich doch erwähnen, das erspart mir vielleicht ein paar Fragen danach, ob irgendein Umstand denn nun wirklich so war.
Meine Position zu den Grenzen der Transparenz: Richtig ist, dass ich die Veröffentlichung der privaten Mitgliederadressen einer britischen Rechtsradikalenpartei nicht in Ordnung fand, weil ich der Meinung war (und bin), dass damit Menschen gefährdet werden, auch Unbeteiligte wie Familienangehörige und Kinder. Bei aller Ablehnung von rechtsradikalem Gedankengut, die ich uneingeschränkt teile, diese Art der Veröffentlichung ist in meinen Augen einfach keine geeignete Maßnahme, um dagegen vorzugehen. Ich vertrat aus gleichem Grund früh die Meinung, dass Transparenz nicht um ihrer selbst Willen einen Wert hat und nicht in jedem Fall mehr Transparenz grundsätzlich besser ist. Es gibt diesen schmalen Grat zwischen notwendiger Transparenz aus öffentlichem Interesse auf der einen Seite und Verletzung der Privatsphäre einzelner – bishin zu ihrer persönlichen Gefährdung auf der anderen. Diese Linie ist nicht einfach zu ziehen, aber sie muss gezogen werden. Assange sprach zwar von schadensbegrenzenden Maßnahmen, faktisch fanden aber so gut wie nie welche statt. WikiLeaks stand und steht immer noch für radikale Vollveröffentlichung – um jeden Preis. Ich halte das für verantwortungslos – unabhängig davon, dass ich Whistleblowing und Leaking für unabdingbar halte – als Korrektive in Demokratien, die keineswegs immun gegen extreme Fehlentwicklungen sind, Fehlentwicklungen, die die Demokratie sogar selbst im Kern erschüttern können. Am NSA Skandal haben wir genau das erlebt. Wir können aber gerade an der Art und Weise der Veröffentlichung der NSA Leaks auch sehen, wie Edward Snowden bewußt diese Grenze ziehen wollte und eben nicht einfach alles veröffentlichte, was er auf seiner Festplatte hatte.
Mein Verhältnis zu Julian: Nein, Julian hat uns nie bei einem intimen Beisammensein gestört. Genau genommen, ist mir Julian nie begegnet. Ich habe Daniel erst später kennengelernt, im Februar 2010, kurz vor der Veröffentlichung des Collateral Murder Videos durch WikiLeaks. Was stimmt: Auch wenn der Tweettext im Wortlaut anders war (sehr viel wortreicher) ich entdecke den Tweet, in dem Assange mich mit dem CIA und meinen Mann mit dem FBI assoziierte und war ganz im realen Leben entrüstet. Ich habe unzählige Male hinter meinem Mann gestanden und die Chats der beiden verfolgt, in denen Assange meinem Mann die wüstesten Unterstellungen schrieb. Nein, ich war kein Fan des Kommunikationsstils von Assange. Seine permanenten Unterstellungen, mich und meinen Mann betreffend, Drohungen diverser Art, immer wieder falsche Behauptungen – das nervt auf die Dauer, vor allem, wenn Dritte diese Dinge weiterverbreiten, ohne sie zu hinterfragen. Das ganze hat zum Glück abgenommen, es gibt doch nicht mehr so viele, die alles für bare Münze nehmen, was Julian kommuniziert. Es hat sich inzwischen wohl zu oft wiederholt, dass er Mitstreiter diskreditiert, die es wagen, Kritik zu äußern. Zuletzt hatten das Unterstützer der WikiLeaks Partei in Australien ja erleben dürfen, die nach großen innerparteilichen Defiziten in Transparenz und demokratischen Grundprinzipien die Partei verließen.
Meine Rolle als Freundin von Daniel: ich bin 20 Jahre älter als mein schauspielendes Alter Ego – eine Frau, die 10 Jahre älter ist, paßte wohl nicht in Hollywood Clichés, sie mußte daher 10 Jahre jünger sein als mein Mann. Offenbar nicht so schlimm, denn beim Getogether nach der deutschen Premiere hielt mich ein Journalist für Alicia Vikander :-). Apropos Stereotype – Immerhin wurde eine frühere Drehbuchfassung noch einmal geändert, denn da hätte ich in Frauenzeitschriften blätternd neben einem erkaltenden Candlelightdinner mit Kaminfeuer stundenlang auf Daniel gewartet – die typische Heimchenfrau. Jeder, der mich auch nur ansatzweise kennt, hätte sich darüber totgelacht. Im tatsächlichen Film warte ich zwar immer noch und das Essen wurde tatsächlich kalt, aber die Kerzen und das Kaminfeuer sind wenigstens verschwunden und die Frauenzeitschriften durch einen Laptop ersetzt (mit Piratenparteiaufkleber!). Immerhin. Im realen Leben habe ich damals gar keine Braten gekocht, wir holten uns öfter Nudeln vom Lieblingsitaliener und die wurden nie kalt. Im realen Leben hat sich damals Daniel aber tatsächlich kaum von seinem Laptop entfernt. Einen Tag-Nacht-Rhytmus gab es nicht. Oft schlief ich ein während Daniel im Bett neben mir saß, den Laptop auf dem Schoß und noch mit WikiLeaks beschäftigt war – die halbe Nacht. Ich fand seine Arbeit wichtig, also war das auch okay.
Als Berufstätige und Aktivistin: ich habe nie bei EDS gearbeitet, war also auch nie Arbeitskollegin von Daniel. Ich habe allerdings bei ähnlichen Firmen gearbeitet, u.a. 9 Jahre bei Accenture, einem EDS Wettbewerber. Etwa zu der Zeit, als Daniel erstmalig zu WikiLeaks stieß – also mehr als 2 Jahre bevor wir uns trafen, begann ich, mich intensiv mit demokratischen Fragen und der Transparenz von Verwaltung zu befassen. Als ich Daniel kennenlernte, war ich schon lange selbst zu Open Government aktiv, hatte das Government 2.0 Netzwerk Deutschland mitgegründet, das Open Government Barcamp in Deutschland initiiert u.a.. Alles das kommt im Film nicht vor. Es ging dort allerdings auch nicht um meine Person sondern um WikiLeaks, also ist das schon okay. Aber es ist für einen selbst trotzdem seltsam sich in einer Rolle gespielt zu sehen, die fast nichts von dem hat, von dem man denkt, dass es einen besonders ausmacht.
Das sind so die Sachen, die mir jetzt noch einfallen. Man könnte sich darüber aufregen, ebenso wie über andere Abweichungen vom realen Leben, aber das wäre unpassend, denn dieser Film ist kein Dokumentarfilm sondern ein Hollywoodspielfilm (zum Beispiel glaubt hoffentlich kein Mensch, das WikiLeaks Team hätte JEMALS Skype verwendet…).
Der Film hatte die fast unmögliche Aufgabe zu bewältigen, das komplexe Spannungsfeld von Weltpolitik, Untergrund und zwischenmenschlichen Konflikten widerzuspiegeln, in dem sich mein Mann, Julian Assange und andere Beteiligte befanden, darunter der anonym gebliebene „Architekt“. Im Film heißt er „Markus“ und wird hervorragend gespielt von Moritz Bleibtreu. „Markus“ hatte die Software für die neue Submission Plattform programmiert und beim Weggang von WikiLeaks an sich genommen, weil er das von ihm geschaffene Werkzeug Julian nicht länger überlassen wollte. Das ist auch einer der Momente, der im Film ganz anders rüberkommt, da sieht es so aus, als würde mein Mann die Submission Plattform zerstören. Nun ja.
Auch Birgitta Jonsdottir spielt im Film eine Rolle, sie ist Aktivistin und Parlamentarierin in Island, Vorkämpferin für IMMI – die Icelandic Modern Media Initiative und jetzt Vorsitzende der Piratenpartei in Island. In 2011 habe ich sie für das Government 2.0 Barcamp interviewed – wer das lesen will: HIER. Birgitta ist ein großartiger Mensch und personifiziert die gesellschaftlichen Veränderungsmöglichkeiten durch ein einzelnes Individuum. Sie hat in Island vieles verändern können und ist immer noch dabei.
Die Geschichte von WikiLeaks ist nicht einfach erzählt, es gibt kein schwarz-weiß dabei, obwohl so viele diese Interpretation gern versuchen. Kann ein Hollywoodfilm es schaffen, diese Komplexität fair und differenzierend abzubilden? Ich habe auch nach zweimaligem Ansehen des Films keine abschließende Antwort darauf, aber ich teile die Bewertung einiger, es sei ein Anti-Assange Film, überhaupt nicht. Ich finde, dass der Film nichts beschönigt aber er wertet auch nichts von den großartigen Beiträgen sowohl der Person Julian Assange als auch der Organisation WikiLeaks ab. Leaking ist erst durch WikiLeaks zu einer Art „Kulturtechnik“ der digitalen Gesellschaft geworden, ein Akt der Selbstverteidigung, wenn grundlegende Werte und Rechte verletzt werden.
Durch den Film werden nun hoffentlich viele wichtige Leaks bekannter, die in unseren Medien eine untergeordnete oder gar keine Rolle spielten (Steuerschiebereien der Superreichen, staatliche Korruption in Kenia, Scientology Machenschaften, u.v.a.). Es ist ja nicht wahr, dass WikiLeaks sich vor allem auf US Leaks fokussiert hat – jedenfalls für die ersten Jahre stimmt das nicht. Aber auch die großen Leaks zu US-militärischen Einsätzen in Afghanistan und Irak haben Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen in bis dahin unbekannten Maßstäben erkennbar gemacht. Alles das zeigt der Film und diese Botschaften sind wichtig. Wichtig ist aber auch die Erkenntnis, dass Macht und Publicity korrumpierbar machen und Menschen Gefahr laufen, ihren eigenen Werten zuwider zu handeln. Das zu verhindern, braucht es gute Strukturen, die auf Transparenz und demokratischen Prinzipien auch im Inneren der Organisation aufbauen. Was passiert, wenn zu schneller und vielleicht auch zu großer Erfolg einer einst sehr kleinen Plattform in Kombination mit der Dominanz ihres Gründers das Entstehen solcher Strukturen verhindert, kann man an WikiLeaks sehen. Diese Botschaft ist eine Warnung an NGOs und Initiativen, die sich ähnlichen Herausforderungen ausgesetzt sehen, man kann sehr viel daraus lernen.
Ein breiteres Publikum als je zuvor kann sich durch den Film mit diesen wichtigen Themen der Gegenwart auseinandersetzen – der Rolle von Whistleblowing, Transparenz und Journalismus. Aber auch der Verantwortung jedes Menschen, der Wind bekommt von miesen Machenschaften und in dessen Hand es liegt, etwas zur Beseitigung dieses Mißstandes zu unternehmen. Das betrifft uns alle und unsere eigene Rolle als potenzielle Veränderer in einer digitalen Gesellschaft, in der wir alle viel mehr Macht haben (können) als das je zuvor möglich war.
Seine Weltpremiere hatte der Film als Auftakt beim Filmfestival in Toronto Anfang September, in Deutschland war gestern, am 21.10.13 Premiere in Berlin, ab 31. Oktober kommt er in unsere Kinos. Der Trailer ist schon zu sehen, Insider werden das Tacheles und einige andere Orte in Berlin erkennen (Video abspielen durch Klick auf das Bild). Ich hoffe, Zuschauer nehmen den Film als das was er ist – ein spannender Hollywood Film rund um ein hochaktuelles Thema, der auf Tatsachen aufbaut aber KEIN Dokumentarfilm oder Tatsachenbericht ist. Vor allem aber sollte er ein Appell sein an uns alle, uns für die Verteidigung demokratischer Grundrechte und gegen alle Arten Mißstände auch ganz persönlich einzusetzen.
Im Trailer spricht Julian Assange zum Schluss:
„Du willst die Wahrheit wissen? Finde sie selbst heraus. Davor haben sie Angst. Vor DIR.“ –
Du bist die Fünfte Gewalt. Das ist für mich die wichtigste Botschaft des Films. Deshalb sollten ihn viele Menschen sehen, um genau das zu verstehen und um es nie mehr zu vergessen.
Noch ein Wort zur Premiere:
Ich fand es großartig, Familie und so viele gute Freunde und Wegbegleiter dort zu sehen – Ihr habt uns den Abend leichter gemacht! Dieser ganze Kram mit Rotem Teppich, Blitzlichtgewitter, Interviewmarathon und dem Gefühl, auf dem Silbertablett serviertes Freiwild für jeden zu sein, der schon immer mal eine wie auch immer geartete Meinung über einen äußern wollte, das war alles schwer zu ertragen. Was die nächsten Wochen für uns bringen, wissen wir nicht. Aber wir wissen Euch an unserer Seite und das hilft 🙂 Danke!
Update 1:
Fast drei Jahre nach Erscheinen des Buches „Inside WikiLeaks“ – das eine der Grundlagen für das Drehbuch zum Film wurde – kam eine interessante Hintergrundgeschichte ans Licht. Offensichtlich hatte Julian Assange im Januar 2011 David House, einen Unterstützer aus dem engsten Kreis von Chelsea Manning, nach Berlin in unsere Wohnung geschickt, um dort das Manuskript des Buches zu stehlen. David House selbst hat dem US Magazin Wired diese Geschichte erzählt. Im Januar 2011 stand er tatsächlich unangemeldet vor unserer Tür, kam rein und unterhielt sich eine ganze Weile beim Tee mit uns. Er verhielt sich damals beunruhigend merkwürdig. So fing er an, ungefragt und schnell in unserer Wohnung von Raum zu Raum zu wandern, während mein Mann kurz auf Toilette war. Als er auch das Arbeitszimmer meines Mannes betreten wollte, habe ich mich ihm in den Weg gestellt und die Tür geschlossen. Schließlich kannte ich ihn überhaupt nicht persönlich und zu Führungen in der Wohnung möchte ich immer noch selbst einladen. David H. stellte auch komische Fragen, z.B. ob wir einen Hund hätten und solche Sachen. Das alles hatte mich sehr irritiert, aber irgendwann denkt man nicht weiter dran. Bis man dann die Geschichte im Wired liest – drei Jahre später und sich keine weiteren Fragen mehr stellt…
Update 2: Ein paar Berichte zum Film verlinkt:
- Interview DDB mit Focus Online vom 01.11.2013
- Fuldaer Zeitung vom 01.11.2013
- Markus Kompa in seinem Blog
- Bruno Gerd Kramm bei Carta
- Stuttgarter Zeitung vom 31.10.2013
- Deutschlandradio Kultur vom 31.10.2013
- SWR vom 29.10.2013
- Bayerischer Rundfunk vom 29.10.2013
- Tagesspiegel vom 29.10.2013
- dpa Text vom 28.10.2013
- ttt bei Das Erste vom 28.10.2013
Internet überwindet 28 Jahre und 7.200km – eine wahre Geschichte (1985 DDR – 2013 Internet)
Am 18. August 2013 erhielt ich auf Facebook eine seltsame Nachricht:
„Hi… My father Shaji Z. had a penfriend named Anke Domscheit from Germany 25 years back.. I saw the letters few days back, got interested about it and just searched fb and saw your profile… I would like to know whether it was you…. She was 18 in the year 1985-86 when they were writing letters.. Kindly give me a reply…..“
Ja, es stimmte. Ich hatte einen indischen Brieffreund, damals, vor über einem Vierteljahrhundert. Ich weiß nicht mehr, wie lange wir uns schrieben, vielleicht ein Jahr. Seit diesem 18. August schreibe ich mich mit der Tochter meines damaligen Brieffreundes, einer Studentin der Bauingenieurswissenschaften, Arsha Shaji. Ich bin immer noch völlig fasziniert davon, wie soziale Netze heute Raum und Zeit überwinden und Kontakte ermöglichen, die früher undenkbar waren. Ich möchte die Geschichte aber von vorn erzählen.
Im Oktober 1985 hatte ich gerade die 12. Klasse begonnen, ich war 18 Jahre alt und besuchte die Erweiterte Oberschule hinter dem eisernen Vorhang in Strausberg, östlich von Berlin. Ich liebte Fremdsprachen und Kontakte zu Menschen aus anderen Kulturen. Für einen Ossi war das kein einfaches Hobby, denn Reisen waren nur eingeschränkt möglich und damit auch Kontakte ins Ausland. Aber ich war kreativ und stöberte auf dem jährlichen Solidaritätsbasar der DDR-Medien auf dem Alexanderplatz in den dort für Briefmarkensammler angebotenen Leserbriefumschlägen aus aller Welt. Ich ignorierte die Briefmarken und suchte die spannendsten Absender. Solche Umschläge erstand ich und schrieb dann Briefe an mir völlig unbekannte Menschen, irgendwo auf der Welt. Einer dieser Adressaten war ein 24jähriger junger Mann aus Kerala in Indien, Shaji Z., der Vater von Arsha. Und er antwortete mir!
Die Erinnerung an diese Brieffreundschaft aus längst vergangenen Zeiten kam zurück. Ich antwortete Arsha bald:
Hi, this is a really funny story! Yes this was me and I do remember. What a wonder that he did not throw those letters away. Its so long ago! The internet can do magic in finding remote people, remote in a geographical sense but also remote in terms of time. This seems like from another life… I was still caught behind the iron curtain, locked into a country. Only 3 years later the Berlin Wall fell forever and I could travel around. I was also in India, in 2010, visiting Bunker Roy in the barefoot college in Tilonia, not too far from Jaipur. My best regards for your father. It seems he got a happy life! I got lucky too, with the best husband in the world and a great son, who is 13 years old. best wishes from Germany! Anke
Arsha schrieb mir, dass ihr Vater 1992 heiratete. Sie ist die ältere von zwei Töchtern und 20 Jahre alt, ihre kleine Schwester ist genauso alt wie mein Sohn. In einem Jahr wird sie ihr Studium als Bauingenieurin abgeschlossen haben. Ihr Vater hatte zwar öfter davon erzählt, dass er früher eine deutsche Brieffreundin hatte, aber es hieß immer für die Kinder, diese Briefe existieren nicht mehr. Erst in diesem Sommer hat er den Töchtern den Inhalt einer alten Kiste gezeigt – darin waren meine Briefe.
Arsha hatte gleich die Idee, auf Facebook nach mir zu suchen. Ihr Vater hielt das für eine zweifelhaftes Unterfangen, es ist ja so lange her und bestimmt hätte ich einen anderen Namen. Aber mein Name ist noch der gleiche und Arsha fand mich in ein paar Minuten 🙂
Ich war sehr neugierig, was ich denn so vor 28 Jahren schrieb und bat Arsha, mit doch mal einen Brief von damals einzuscannen. So erhielt ich meine ersten beiden Briefe per email. Was für eine Reise in die eigene Vergangenheit! Was für ein lustiges Englisch habe ich damals nur geschrieben! Und was für naive Inhalte…
Mit Arsha schreibe ich heute über andere Dinge als damals mit ihrem Vater. Wir tauschen uns aus zum Thema Geschlechtergerechtigkeit auf der Welt – in Indien und bei uns in Deutschland, über Politik und unser Leben. Ich schrieb ihr, wie es seit damals weiter ging, dass ich tatsächlich Textilkunst studierte aber auch wie der Fall der Mauer alles veränderte, wie mein berufliches Leben ein paar Zick-Zacks erfuhr und wie ich heute so lebe und arbeite. Arsha übersetzte sich meine Blogtexte (hoffentlich hat Google Translate sie nicht allzu sehr verunstaltet) und erfuhr etwas über den Wahlkampf der Piratenpartei in Deutschland :-). Zur Zeit ist Arsha im Prüfungsstress und ich drücke ihr die Daumen. Ich hoffe sehr, wir lernen uns einmal persönlich kennen. Vielleicht kann sie ja sogar in Deutschland einen Masters machen (Tipps v.a. für englischsprachige Studiengänge, die irgendwie mit Civil Engineering zu tun haben, gern an mich!).
Ich habe Arsha natürlich gefragt, ob ich alles das schreiben kann, auch mit ihrem Namen und Fotos – sie war einverstanden. Mir bedeutet diese kleine Geschichte sehr viel. Sie ist für mich exemplarisch für die Grenzenlosigkeit des Internets und wie sich Menschen, die sich nie begegnet sind, einander näher kommen können. Sie zeigt, über welche Ecken wir alle mit anderen Verbindungen haben oder haben könn(t)en. Wie klein die Welt ist und wie wichtig es daher ist, sich nicht so stark an Nationalismen zu orientieren. Das Internet kennt solche Grenzen einfach nicht. Es zeigt uns im Gegenteil, wie einfach sich selbst Barrieren wie Jahrzehnte Zeit und Tausende von Kilometern überwinden lassen und wie solche Bindungen – oder Abkömmlinge dieser Bindungen – selbst den Untergang eines Gesellschaftssystems überleben können. Ich bin immer noch fasziniert und danke Arsha sehr dafür, dass sie mich einfach so kontaktierte. Ich bin so um eine Freundschaft reicher geworden.
Und was kommt nach den Wahlen? – erst mal ein Buch…, dann wieder Wahlen ;-)
Falls sich jemand wunderte, warum ich nicht gleich nach der Bundestagswahl etwas Neues geschrieben habe, hier ist die Antwort: ich war viel zu erschöpft dafür und hatte auch nach der Wahl einfach keine Zeit. Mein letztes Wahlkampfhighlight war ein Nachmittag auf der Wilmersdorferstrasse, mitten im Samstagsgewühl einkaufender und in der Sonne spazierender Menschen, wo wir das gläserne Mobil aufgebaut hatten und mit vielen Leuten ins Gespräch kamen – die anlasslose Massenüberwachung war dabei immer noch ein Schwerpunkt aber es ging auch stark um soziale Fragen.
Ich habe nebenbei auch wieder an gefühlt tausend Kinder orangene Luftballon-Säbel verschenkt und von einem Mädchen gelernt, wie man aus den Modellierballons auch kleine Hunde macht – die Nachfrage war groß.
Aber trotz Sonne war es kalt, die Erkältung steckte schon in mir drin und als ich am Abend nach Hause kam, war es vorbei mit der Kraft. Am Sonntag konnte ich mich noch einmal aufraffen, um natürlich selbst wählen zu gehen (siehe Beweisfotos dafür, dass ich richtig gewählt habe 🙂 ) und dann am Abend nach Berlin zur Wahlparty zu fahren und am Abend noch dem BBC World News TV ein Live Interview am Pariser Platz zu geben. Da waren dann die deprimierenden Hochrechnungen schon raus und das sinkende Adrenalinlevel ließ den Viren freien Lauf – ich war erst mal krank ein paar Tage.
So richtig krank machen war aber leider nicht möglich, denn mein Buchmanuskript war inzwischen fertig, eine Lektorin hatte es durchgesehen und mir mit einer ganzen Reihe Änderungsvorschlägen zurückgegeben. Vor allem mußte mächtig gekürzt werden, denn einer von drei Buchteilen befaßte sich mit dem Thema Geschlechtergerechtigkeit und da gingen die Finger mit mir durch und haben drei mal so viel geschrieben, wie sie sollten.
Ursprünglich wollte ich das Manuskript ja vor der heißen Wahlkampfphase vom Tisch haben, aber so ist das mit dem Verhältnis von Plan und Wirklichkeit – ich hab es einfach nicht rechtzeitig geschafft. Daran ist natürlich nur die NSA schuld, denn ohne die unzähligen Termine rund um den Überwachungsstaat hätte ich viel mehr Zeit zum Schreiben gehabt. So fiel die Fertigstellung des Manuskriptes genau in die allerheißeste Wahlkampfphase, zur Nachahmung kann ich das nicht empfehlen. Nach der Wahl war daher statt kranksein dürfen Buch lektorieren angesagt. Ein Durchgang, ein zweiter Durchgang, ein dritter Durchgang. Nebenbei habe ich einen Ganztagsworkshop für Nachwuchsführungskräfte des Familienservices vorbereitet und auch durchgeführt – im Sitzen und mit viel heißem Tee ging es trotz Krankheit. Zum Blogschreiben war da einfach keine Zeit.
Das erste Nachwahlwochenende war dann auch nicht frei, denn die Piraten trafen sich zur Marina Kassel in – ja, wo wohl – in Kassel. In einer Jugendherberge haben wir zwei ganze Tage lang den Wahlkampf ausgewertet, gute Ideen aus den Landesverbänden gesammelt und uns einfach mal wieder von Angesicht zu Angesicht gesehen, das kann kein Twitter der Welt ersetzen. Aber kaputt war ich immer noch, krank, müde, ausgelaugt und am Montag nach der Marina Kassel sollte ich die letzte Durchsicht des Manuskriptes abgeben.
Die 350 Seiten Text hatte ich am Freitag abend erst erhalten, nein, Montag habe ich es nicht geschafft. Aber immerhin am Mittwoch – am 2.10.2013 um 23:40 Uhr ging das Manuskript mit meinen letzten Änderungen an meine Lektorin. ENDLICH eine Pause! Da paßte es gut, dass der 3.10. ein Feiertag und mein Sohn zuhause war. Wir haben lange geschlafen, gemütlich gefrühstückt und uns im Garten verlustiert (Rasen mähen und so Sachen…). Gleichzeitig wurde in der Landesgeschäftsstelle der Piraten Brandenburg in Potsdam der 5. Geburtstag des Landesverbandes gefeiert. Ich habe ihn geschwänzt – diesen Tag brauchte ich einfach für mich und meine Familie. Nach so vielen Monaten Wahlkampf mußte das sein.
Das Buch hat nun ein paar Wochen finale Bearbeitung auf Seiten Verlag und Druckhaus vor sich – damit habe ich nicht mehr viel zu tun. Aber ich ahne, dass die Zeit bis zum Erscheinen Ende Januar viel zu schnell vergehen wird.
Zum Wahlausgang selbst will ich eigentlich gar nicht viel schreiben – das haben inzwischen schon so viele getan, da braucht es meinen Senf nicht mehr. Ein paar Fragen habe ich der dpa dazu beantwortet, die finden sich HIER in der MOZ. Wer will, kann ja da mal nachlesen. Ich habe mich auch zur Frage geäußert, ob ich für den Bundesvorstand kandidieren möchte – es sind ja Neuwahlen Anfang Dezember in Bremen beim Bundesparteitag und ich werde immer wieder vorgeschlagen… aber ich sehe keinen Sinn darin, mich erst zur Landesvorsitzenden der Piraten Brandenburg wählen zu lassen, nur um ein paar Wochen später für den BuVo zu kandidieren. Es gibt großartige Kandidat*innen für den Bundesvorstand und in Brandenburg haben wir jede Menge Aufgaben vor uns – in 2014 stehen drei Wahlen an, Europa- und Kommunalwahlen im Mai und die Landtagswahlen im September.
Wir werden einen Teufel tun und einen Depri fahren und den Kopf in den Sand stecken, denn alle Gründe, aus denen 2006 die Piratenpartei gegründet wurde, sind immer noch relevant. Sie werden es täglich mehr als weniger, Stichwort Datenschutz und Überwachung. Es gibt auch immer noch keine andere Partei, die die großen Veränderungen der digitalen Gesellschaft erfaßt hat und programmatisch angeht. Das machen bisher nur die Piraten. Wir brauchen einen langen Atem und den werden wir haben. In diesem Sinne – nach der Wahl ist vor der Wahl.
Aber vorher gibts noch Zeit für herbstliche Gartenarbeiten, da blühen die Dalien noch sehr schön und der Mangold steht wie eine Eins – leider kann diese Menge kein Mensch mehr essen. Die Peperoni werden getrocknet und die Tomaten verschwinden schnell, ich bin Tomaten-Junkie. Nur für die vielen Bohnen muss ich mir noch was ausdenken, vielleicht friere ich mal welche ein, so viele ernte ich alle 3 Tage, es sind drei verschiedene Sorten mit so lustigen Namen wie „Mombacher Speck“ und „Berner Landfrauen“ – das sind die bunten). Die Fotoqualität ist meinem alterschwachen Smartphone geschuldet, zu oft runtergefallen, zu viele Spiderman-Apps installiert (Ihr wißt schon, diese dekorativen Glassprungmuster auf dem Display). Sicher bekommt man trotzdem eine Ahnung davon, dass es schön im Garten ist und großartig, dafür jetzt wieder mehr Zeit zu haben :-). So ein Gemüsegarten hält einen auch im Herbst noch gut auf Trapp – hier habt Ihr mal einen Text vom Blog Neulichimgarten.de, inklusive kleinem Video, wo man mal sieht, was noch so alles geerntet werden kann. Davon habe ich mir auch ein paar Tipps für das nächste Jahr gemerkt.
Und so war es: 24 Stunden unter Beobachtung im Gläsernen Mobil
Gestern fuhr das Gläserne Mobil weiter nach Schwedt – 24 Stunden lang hatte es zuvor in Fürstenberg/Havel auf dem Marktplatz gestanden und ich habe darin gewohnt – von drei Seiten einsehbar für alle (siehe Ankündigungstext HIER).
Am 04.09.2013 um 17:00 ging es los – das Mobil wurde aufgestellt, unsere „Stoppt den Überwachungsstaat“ Bauzaunplane an der Rückseite befestigt (dabei mußte ich klettern), die Möbel darin hergerichtet, Teekanne, Lesestoff und eine Schale Tomaten aus dem Garten kamen auf den Tisch. Anfangs waren wir zu dritt – neben mir waren mein Mann Daniel dabei und Friedrich Schumann, beide engagiert für das Thema Überwachung, beide Piraten – sogar im Landesvorstand. Schon bald bekam das Gläserne Mobil viel Besuch, die Sonne schien auf den Marktplatz von Fürstenberg – der leer und übersichtlich war und auf dem unser Gläsernes Mobil ein Hingucker war.
Vor allem junge Fürstenberger aber auch Besucher aus Polen (Austauschschüler am Carolinum in Neustrelitz, die in Fürstenberg ein Gastzuhause gefunden haben) kamen mit uns ins Gespräch. Richtig voll wurde es nach 20:00 als Verstärkung von Berliner Piraten dazustieß. Darunter Mirco und Flow, die ein Interview mit mir für die Reihe PirateTaxiTV (Folge 6) im Gläsernen Mobil gedreht haben.
Natürlich ging es vor allem um das Thema Überwachung aber auch um das Gläserne Mobil selbst und die Bundestagswahl. Auch ein Journalist der Märkischen Allgemeinen Zeitung war schon einmal da, um sich das Gläserne Mobil bei Nacht anzuschauen, am kommenden Tag kam er noch einmal vorbei. Gegen Mitternacht wurde es ruhiger – aber nur was die Besucher anging. Der Rest der Nacht war laut, sehr laut, denn ununterbrochen bretterte ein LKW nach dem anderen durch die Nacht und ich vermute alle miteinander mit stark überhöhter Geschwindigkeit.
Die Nacht im Gläsernen Mobil war ja ohnehin nicht sehr bequem, ein Bett gibt es nicht, nur einen Sessel und ein Zweisitzersofa. Mein Mann und ich haben versucht, uns irgendwie gemeinsam darauf auszustrecken und zu schlafen. Um vier Uhr früh gaben wir diesen Versuch auf. Ich habe mir dann ein provisorisches Lager aus Sofakissen auf dem Boden hergerichtet und einen Schlafsack über den Kopf gezogen, damit das Licht der Straßenlaterne und der Lärm der LKW wenigstens gefiltert werden. Mein Mann legte sich als „L“ über Sofa und Sessel. Diese Variante hat funktioniert und wir konnten 2 Stunden schlafen.
Bei Frühstück von Tee und Croissant vom Markt-Bäcker diskutierten wir darüber, wie man diese verdammte Bundesstrasse leiser bekommt. Es stört uns ja schon lange, dass mitten durch eine Kleinstadt jeden Tag der Verkehr Tausender Autos rauscht, aber dieses Nachterlebnis hat uns wirklich erschüttert. Mir war nicht bewußt, dass es nachts noch so viel schlimmer ist, weil die Schwertransporter dann so ungebremst durch die Stadt rasen können, was den Verkehrslärm noch einmal penetranter macht. Wir haben es gut, wir hatten nur eine solche Nacht, aber es gibt in Fürstenberg viele Menschen, die diesen gleichen Lärm jede Nacht aushalten müssen. Nachts um vier bekamen wir Visionen von Tempo 30 Zonen für die ganze Innenstadt mit Blitzern, die den Nachtfahrern die Lust am Rasen nehmen. Der B96 wendete das Gläserne Mobil den Rücken zu – direkt an einer Ampel, wo immer wieder Autos halten mußten. Dabei hatten sie einen prima Ausblick auf den „Merkelator“, der als Plane die Rückseite des GLM schmückte.
Am frühen Morgen waberten Nebel über den Marktplatz, es war kalt und der Himmel schlohweiß. Kurz vor 08:00 Uhr kamen die ersten Lieferanten, um ihre Stände für den Wochenmarkt aufzubauen, die Nebel lichteten sich und bald strahlte die Sonne warm über einem belebten Marktplatz. Unser Gläsernes Mobil stand an der Straßenseite mit der Glasfront zum Markt, wir konnten dem Markttreiben von drinnen zuschauen und von draußen konnte man uns sehen. Natürlich hatten wir auch einen Infostand mit Material zum Programm der Piratenpartei dabei, das mehr nachgefragt wurde, als wir gedacht hatten – schon am frühen Nachmittag gingen uns die Wahlprogramme aus. Mit vielen Bürgerinnen und Bürgern debattierten wir über alle möglichen Themen. Das Gläserne Mobil erreichte sein wichtigstes Ziel: mit Menschen über die allgegenwärtige Überwachung ins Gespräch zu kommen, gegen die verbreitete Meinung „ich hab nichts zu verbergen, mir ist das doch egal“ oder „ich benutze das Internet nicht, das geht mich nichts an“ zu argumentieren und über Vergleiche mit unerwünschter permanenter Beobachtung im eigenen Wohnraum das Bewußtsein für den eklatanten Einbruch in die Privatsphäre und die freiheitlichen Grundrechte zu schärfen.
Wie sehr allein das Bewußtsein permanenter Überwachung Menschen beeinträchtigen kann, hat auch mein Mann Daniel Domscheit-Berg gespürt, auf den im Sessel sitzend die nachgebaute und keineswegs funktionstüchtige Kamera gerichtet war, die an unserem Piratensonnenschirm vor dem GLM hing. Obwohl er wußte, dass diese Kamera nur ein Fake war, fühlte er sich unangenehm beobachtet und unwohl. Dieses Gefühl können wir bald alle überall haben, denn der Trend geht zur flächendeckenden Kameraüberwachung im öffentlichen Raum.
Aber es ging in den Gesprächen auch um mehr. Etwa um generelle Informationen zur Piratenpartei, unsere Vorstellungen zum Bedingungslosen Grundeinkommen (hier eine Empfehlung eines Klasse Erklärbärvideos zum BGE von Marina Weisband), zur Bildung, zu Bürgerbeteiligung oder auch um die Geschichte und den Ursprung des Namens „Piratenpartei“. Im Laufe des Vormittags trudelte dann auch die SPD mit einem kleinen Stand links neben uns und die CDU mit einem großen Wahlkampfauto rechts von uns auf. Mein Gegenspieler Herr Feiler von der CDU bekam Unterstützung von Herrn Wichmann aus der gleichen Partei, man verteilte Waffeln und Marmelade – auf Inhalte kam es wohl nicht so an.
Beide Parteien verzogen sich allerdings auch frühzeitig wieder, ab 12:30 Uhr waren wir wieder allein, um 14:00 Uhr war auch das Marktgeschehen vorbei und es wurde ruhiger. Die Nacht steckte uns noch in den Knochen, da stieg am Nachmittag der Kaffee- und Teekonsum. Mein Mann war ein paar Stunden in Berlin, aber Cornelia Bürger war stattdessen schon früh am Morgen zu uns gestoßen, so dass wir wieder zu dritt vor Ort waren. Am Nachmittag bekamen wir Besuch von etlichen Spaziergängern, die sich über das komische transparente Mobil wunderten oder darüber eine Ankündigung in der Zeitung gelesen hatten und die Gelegenheit für spezifische Fragen nutzten, z.B. über unsere Haltung zu Netzsperren.
24 Stunden nachdem wir das Gläserne Mobil auf dem Marktplatz in Fürstenberg aufstellten, bauten wir es wieder ab. Wir waren müde nach dieser Aktion aber gingen mit dem guten Gefühl nachhause, mit vielen Menschen gesprochen zu haben, die sich nun ein besseres Bild über die Problematik und Gefahr anlassloser Überwachung machen konnten und auch über die Positionen, für die ich und die Piratenpartei stehen. Das schönste waren natürlich immer die Momente, wo Wählerinnen oder Wähler einem erklärten, dass sie bei dieser Wahl auf jeden Fall für die Piraten stimmen werden :-).
Am Tag danach berichteten sowohl die Granseezeitung als auch die Märkische Allgemeine Zeitung ausführlich und mit vielen Bildern über die Aktion (eine Seite weiter gab es auch noch ein langes Portrait über mich). Ein ungewöhnlicherer Wahlkampf ist einfach spannender als der 100.000ste Stand zur Flyerverteilung. Das fand die Presse – wir als Beteiligte aber auch. Ohne viele Helfer hätte diese kurzfristig geplante Aktion nicht geklappt. Danke an @MarcSchoeppi für den Transfer des Mobils von Potsdam nach Fürstenberg, an @Goldfisch007 und @CoBuerger für das Mitmachen vor Ort, an meinen Mann für Hilfe bei der Orga und an @bastianbb für die Pflege und Koordination des grandiosen Gläsernen Mobils, die Organisation der Brandenburger Wahlkampftournee des #GLM und für den Abtransport von Fürstenberg nach Schwedt. Last but not least, Danke auch an das Dokumentationsteam aus Berlin – mit @FlowLightning und @idova01!
24 Stunden im Gläsernen Mobil am Marktplatz von Fürstenberg/Havel
Überwachung kann man sich schlecht vorstellen, man kann sie nicht spüren, man kann sie nur ahnen aber viele Menschen verdrängen diese Ahnung. Weil das so ist, regen sich immer noch nicht genug Menschen auf gegen den Überwachungswahn in unserem Land – und bei unseren „Freunden“ und nehmen passiv die Erosion unserer demokratischen Freiheitsrechte hin.
Ich möchte das Phänomen Überwachung erlebbarer machen und beteilige mich daher an der Tour des Gläsernen Mobils der Piratenpartei in Brandenburg. Dieser durch Seitenverglasung einsehbare, bewohnbare Anhänger ist mit einer gemütlichen Sitzgruppe ausgestattet, auf der mein Mann und ich ab heute abend offen für alle miteinander reden, am Laptop arbeiten oder Fragen von Bürgern beantworten werden, die uns dort besuchen möchten. Natürlich haben wir auch jede Menge Informationsmaterial zum Wahlprogramm der Piratenpartei dabei – nicht nur zum Thema Überwachung und Datenschutz.
Abends schieben wir die Sitzecke dann an die Seite und versuchen, es uns im Gläsernen Mobil bequem zu machen, denn wir werden auch die Nacht gemeinsam und von jedem einsehbar dort verbringen. Ich hoffe, uns leuchtet nicht jeder Kneipenheimgänger mit der Taschenlampe in die Augen – wir wollen ja schlafen. Wie gut das geht, weiß ich nicht, denn das Gefühl, von jedem Spaziergänger beim schlafen beobachtet zu werden ist kein schönes. Vielleicht debattieren wir auch lieber die halbe Nacht oder gucken Filme am Laptop. Jeder kann jedenfalls alles sehen, was wir da machen – NSA, BND, Verfassungsschutz, und all die anderen „lieben Geheimdienste“ haben es diesmal gaaaaaanz einfach.
Aber unsere Botschaft mit dieser Aktion ist:
So einfach haben es die Dienste in virtuellen Räumen fast überall und immer. Nichts ist mehr geheim, wir sind längst gläserne Bürger geworden.
Ohne dass wir es merken, können unsere Handydaten in eine Funkzellenabfrage geraten, nur weil ein paar hundert Meter weiter ein Taschendieb sein Unwesen trieb. Unsere Bewegungen im Internet können deutsche Behörden verfolgen, selbst wenn wir nur eine Ordnungswidrigkeit begangen haben. Ordnungswidrigkeit? Dazu gehört schon Falschparken. Dieser Datenabruf heißt Bestandsdatenauskunft, das Gesetz dazu wurde von der Regierungskoalition noch schnell vor der Sommerpause durchgewunken. Das gleiche Gesetz räumt Behörden weitreichende Befugnisse ein, auch an die PIN von Mobiltelefonen oder an Passwörter für alle möglichen Dienste, die wir nutzen, heranzukommen. Passwörter, mit denen man online Banking macht oder Bilderdatenbanken vor Zugriff schützt. Passwörter, die Zugang zu Emailkonten, Facebookprofilen, Amazon und eBay ermöglichen. Ich finde diese Vorstellung gruselig. Wir alle sollten das gruselig finden und etwas dagegen tun. Selbst 80-jährige, die das Internet links liegen lassen, sollten sich im Namen ihrer Kinder und Enkel aufregen, denn diese Jugend ist die erste Generation, die es je gab, deren Privatleben, pubertäres Verhalten und persönliche Beziehungen so überwachbar und einsehbar sind, wie die Sitzgruppe im Gläsernen Mobil.
Wir freuen uns auf Besucher und Diskutanten am Gläsernen Mobil – ab heute, 04. September ca. 16/17:00 bis morgen früher abend werden wir am Marktplatz in Fürstenberg/Havel im Norden Brandenburgs sein.
Von Berlin ist das in 55 Min ohne Umsteigen prima zu erreichen, der Bahnhof ist nur 4 Min Fußweg vom Marktplatz entfernt. Am 5. September ist übrigens auch Wochenmarkt – auf dem gleichen Marktplatz 🙂 (wir müssen also wenigstens nicht verhungern).
Für Twitterfans: der Hashtag ist #GLMfbg
Stoff zum Nachlesen und ein Demoaufruf
Und weil es so gut in den Kontext paßt, mein Mann und ich haben in den letzten Tagen beide für englischsprachige Medien zum NSA Skandal geschrieben, hier sind die Links dazu:
- „Germany should lead on disarming our global surveillance system“ Anke Domscheit-Berg, The Guardian, 26.08.2013
- „Stop the new Cold War“, Daniel Domscheit-Berg, The Atlantic Times, 23.08.2013
Der kommende Samstag ist übrigens der 07. September – „Freiheit statt Angst“ Tag – der Tag, an dem wir Berlin erschüttern werden durch eine Massendemonstration, die diesen Namen verdient hat! Um 13:00 Uhr geht es am Alexanderplatz los. Kommt alle, nehmt Eltern, Onkel und Enkel, Tanten und Cousinen, Brüder und Schwestern, Freunde und Bekannte, Nachbarn und Kolleginnen und Kollegen mit! Es ist kurz vor der Bundestagswahl, NIE innerhalb einer Legislaturperiode sind Politiker so aufmerksam und hören so gut zu – laßt uns diese Gelegenheit gut nutzen. Laßt uns laut genug sein, dass man sich auch nach der Wahl noch unseren Protest erinnert! Nehmt Trillerpfeifen mit und Eure Aluhüte, bastelt Euch Pappkameras zum Überwachen der Überwacher, malt Euren Frust auf Transparente! Seid viele! Ich freue mich darauf! Für die Romantiker unter meinen Leserinnen und Lesern verrate ich noch etwas: Bei der FSA Demo 2009 habe ich meinen Mann fotografiert – nur kannte ich ihn damals noch gar nicht, ich habe das viel später erst durch Zufall entdeckt :-).
Link zum Demoaufruf Freiheit statt Angst: http://blog.freiheitstattangst.de/about/
Link zu Demo-Orga-Informationen: http://blog.freiheitstattangst.de/
Link zum Demo-Video: https://www.youtube.com/watch?v=2A3Nw9_ZZ6c
Wer sich ein altes Video von der Freiheit statt Angst Demo 2009 (ja, genau die Demo, wo mir zum ersten Mal unerkannt mein Mann begegnete) anschaut, kann auch das Gläserne Mobil in Aktion sehen!
"Gläserner Staat oder gläserner Bürger?" ab 27.8.13 bei Aktionstagen in Ost-Brandenburg
Der Regionalbahnwahlkampf liegt hinter mir – es war toll und wir machen das garantiert wieder mal! Einen Bericht mit Bildern wird es dazu auch noch geben – aber hier gibts jetzt erst mal eine Ankündigung zu den Piratenparteiaktionstagen in Märkisch Oderland und Barnim 🙂
Wir haben uns wieder viel vorgenommen – in kurzer Zeit – aber es sind ja auch nur noch vier Wochen bis zur Bundestagswahl, ausschlafen kann man danach wieder. Zur Aktionswoche gibts sogar einen schicken Flyer (danke an Jonathan Dehn!).
Unsere Reise führt uns zuerst in meine Heimatstadt Müncheberg (Wikipediaeintrag), am Rande der Märkischen Schweiz, wo ich ab meinem 6. Lebensjahr aufwuchs (ein Besuch lohnt sich, schon wegen der Stadtmauer aus dem Mittelalter, die einmal rund um den Stadtkern führt). Am Dienstag, den 27.08.13 werden wir dort zuerst auf dem Marktplatz an einem Infostand mit den Leuten vor Ort reden – vielleicht laufen mir ja sogar frühere Klassenkameraden oder Lehrer über den Weg ;-). Der Direktkandidat für Märkisch-Oderland wird auch präsent sein – das ist Jonathan Dehn – genau, der der auch den Flyer gestaltet hat).
Am Nachmittag haben wir eine kleine innerparteilich bedingte „Pause“ – der neue Brandenburger Landesvorstand wird sich in Müncheberg konstituieren, wir nutzen die Gelegenheit, dass einige Vorstandsmitglieder sowieso vor Ort sind. Abends gehts aber mit Wahlkampf weiter: in den Räumen des Müncheberger Heimatvereins werde ich zum Thema:
„Wohin steuert Deutschland: Gläserner Staat oder Gläserner Bürger? Was macht und was will die Piratenpartei?“
sowohl auf aktuelle Tagespolitik Bezug nehmen als auch etwas zu meinem politischen Werdegang, zu meinen Vorstellungen und zum Programm der Piratenpartei erzählen und natürlich alle Fragen beantworten, die man mir da so stellt. Die Massenüberwachung durch in- und ausländische Geheimdienste verliert ja leider nicht an Aktualität, auch wenn Pofalla das Thema für „beendet“ erklärt hat, weil unsere lieben und vertrauenswürdigen Freunde uns ja versprochen haben, mit dieser notorischen Spitzelei aufzuhören und das sogar mit einem No-Spy-Abkommen schriftlich geben wollen. Da fällt ja eigentlich ohnehin niemand drauf rein (außer Kanzleramtschef Pofalla, Innenminister Friedrich und Kanzlerin Merkel), aber nun gibt es Erkenntnisse, die es vermutlich selbst den Hartlinern unter den Blind-Taub- und Stummstellern schwer machen sollten, bei dieser Taktik zu bleiben. Laut Spiegel hat die NSA selbst die UNO überwacht – OBWOHL es ein No-Spy Abkommen gab! Ich weiß langsam nicht mehr, wem ich noch weniger glauben soll, den Führungsspitzen der NSA oder unserer Bundesregierung. Das Internet hat sich natürlich längst über #PofallabeendetDinge lustig gemacht, das kann man sich hier ansehen, wenn man Sinn für schwarzen Humor hat. Nein Pofalla, dieser Skandal ist keineswegs beendet, auch wenn das aus Wahlkampfgründen sicher schöner für die Regierungskoalition wär.
Zurück zu den Aktionstagen – am 28.08.13, Mittwoch, gehts weiter, diesmal begleitet mich Martin Hampel, der Direktkandidat für den WK 63 – Frankfurt/Oder und Landkreis Oder-Spree. Zuerst gibt es Infostände in Grünheide und Erkner (dahin kommt man von Berlin noch mit der S-Bahn), dann mit einer Doppelveranstaltung am Abend, bei der ich zuerst ähnlich wie in Müncheberg bei einer öffentlichen Informationsveranstaltung über unsere und meine politischen Ziele reden werde – mit Bezug auf die Tagespolitik, gefolgt nach einer halben Stunde Pause von einer Kryptoparty am gleichen Veranstaltungsort in Erkner, bei der mein Mann und der neue Politische Geschäftsführer der Brandenburger Piraten, Daniel Domscheit-Berg und Friedrich Schumann, angehender Informatikstudent und Beisitzer im Landesvorstand, interessierten Bürgerinnen und Bürgern zeigen wollen, wie sie am besten digitalen Selbstschutz üben können. Natürlich gibt es in diesen Zeiten keinen 100%-igen Schutz vor Überwachung unseres Kommunikationsverhaltens im Internet, aber man kann es den Eindringlingen schon mehr oder weniger schwer machen. Die meisten Menschen machen es den Überwachern denkbar leicht – weil sie nicht wissen, wie man sich am besten schützt. Wir wollen gemeinsam demonstrieren, wie man den mitgebrachten Laptop so einrichten und nutzen kann, dass es NSA und hiesige Konsorten möglichst schwer haben. Verschlüsseln zu lernen ist nicht nur im Privatleben nützlich (wir alle haben schließlich etwas zu verbergen, sonst würden wir nie eine Gardine vor das Toilettenfenster hängen, nie flüstern und nie unter vier Augen reden) sondern auch für Mitarbeiter in Unternehmen, denn auch Wirtschaftsspionage steht im Fokus von Datensammlern. Auf der Website der Piraten Brandenburg stand das Konzept schon einmal sehr schön beschrieben:
Eine Cryptoparty bezeichnet ein Treffen von Menschen mit dem Ziel, grundlegende Verschlüsselungs- und Verschleierungstechniken zu vermitteln. Derartige Partys sind öffentlich und nicht kommerziell. Es handelt sich um eine Art „Verteidigung gegen die dunklen Künste“ im Internetzeitalter. Ein Selbstverteidigungskurs gegen Datensammler und Datendiebe. Mails können verschlüsselt versendet, Festplattendaten vor unbefugten Zugriffen gesichert und Nachrichten nur mit dem gewünschtem Empfänger lesbar ausgetauscht werden. Ein eigener Computer vor Ort ist hilfreich, aber nicht notwendig. Um gegebenenfalls die Programme und Unterlagen mitnehmen zu können empfiehlt sich das Mitbringen eines USB-Sticks.“
An unserem dritten Aktionstag am Donnerstag, den 29.08.13, werden wir im Nordosten Brandenburgs unterwegs sein, wieder mit einem inhaltlichen Wahlkampf-Dreiklang, diesmal in Bernau. Erst Infostand im Stadtzentrum, danach thematische Debatte rund um unser Wahlprogramm, gläserne Bürger und transparenten Staat und danach gibt es auch in Bernau eine Kryptoparty in gleicher Besetzung wie in Erkner. Nur ist diesmal wieder Jonathan Dehn mit von der Partie, der auch Direktkandidat für Barnim II ist. Wir wollen eben nicht nur reden, sondern auch konkret etwas für die Menschen tun und ihnen helfen, sich selbst besser zu schützen. Damit entlassen wir die Bundesregierung natürlich nicht aus ihrer Verantwortung – wir bleiben am Thema dran und werden den Druck weiter erhöhen.
Datenhamstern wollen wir keine Spielräume zur Massenüberwachung einräumen, die uns alle als potenzielle Verbrecher sieht. Datenhamster sehen aus wie normale Politiker, aber sie sind kreuzgefährlich für die Grundrechte. Diese Aufnahmen belegen das (einfach auf das Bild klicken zum Anschauen der Videos oder für Teil 1 HIER und für Teil 2 HIER klicken) – Ähnlichkeiten des Datenhamsters Hans-Peter mit gleichnamigen hochrangigen Kabinettsmitgliedern sind vermutlich reiner Zufall:
Zum Abschluss noch eine Übersicht, wann ich wo und wozu sein werde (falls jemand das auf dem Flyerbild nicht lesen kann)
- 27.08.2013 9:00 – 13:00 Müncheberg, Marktplatz
- 28.08.2013 9:00 – 13:00 Grünheide, Marktplatz
- 28.08.2013 14:00- 17:00 Erkner, Bahnhofsvorplatz
- 29.08.2013 10:00 -16:00 Bernau, am Wochenmarkt
- 27.08.2013 19:00 Müncheberg, Heimatverein, Thälmannstrasse 21 –
- 28.08.2013 18:00 Erkner, Löcknitz Idyll GmbH, Fangschleusen Str. 1
- 29.08.2013 17:30 Bernau, Meyer-Wittwer-Bau, Hannes-Meyer-Campus 1
- 28.08.2013 19:30 Erkner, Löcknitz Idyll GmbH, Fangschleusen Str. 1
- 29.08.2013 19:00 Bernau, Meyer-Wittwer-Bau, Hannes-Meyer-Campus 1 (hier wird vorr. mindestens ein TV Termin dabei sein)
Es gibt die Möglichkeit, Interviews mit den Beteiligten in Müncheberg, Erkner und Bernau vor der Informationsveranstaltung und in der Pause zwischen Informationsveranstaltung und Kryptoparty zu führen. Vorher Bescheid sagen, wär aber toll, dann kann man besser planen.
Eine Pressemitteilung gab es zur Aktionswoche auch -> Hier.
Regionalbahnwahlkampf in Brandenburg – 23.-24.08.2013
Nein, wir wollen nicht die Regionalbahnen stürmen und an alle Fahrgäste Flyer verteilen, denn das ist meines Wissens gar nicht erlaubt. Aber wir wollen das Regionalbahnnetz für einen „fliegenden“ Wahlkampf nutzen, um auch in kurzer Zeit verschiedene Orte unseres ausgedehnten Bundeslandes erreichen zu können. Vor Ort wollen wir mit Bürgerinnen und Bürgern in Kontakt kommen, Fragen zu unserem Wahlprogramm beantworten und ich möchte mich natürlich auch als Kandidatin vorstellen. Sechs Orte in drei Brandenburger Regionen werden wir in zwei Tagen besuchen. Ich werde die ganze Tour dabei sein.
Mit dem Berlin-Brandenburg Ticket wird dieser Flächenwahlkampf dann auch für eine Partei wie die Piraten bezahlbar, 5 Personen fahren für 29€ den ganzen Tag durchs Land. Kurzfristige Unterstützer sind willkommen!
Der erste Tag – 23.08.2013 – Freitag, mit RE 2 ins Havelland und in die Prignitz
Von Nord nach Süd – RE 2 (Wismar – Cottbus Linie) geht es am 23.08.2013 los. Wir fahren in zwei Etappen ab Berlin, der erste Trupp steigt mit mir um 09:25 im Berliner Hauptbahnhof ein, Richtung Falkensee, schon 20Min später sind wir dort – genau westlich von Berlin, mitten im Havelland. Der zweite Trupp fährt ab Berlin Zoo mit Raimond Heydt (@morgenlandfahrt) um 10:30 Uhr. In Falkensee treffen wir auf Piraten vor Ort und werden gemeinsam am Infostand Bürgerinnen und Bürger über Piratenpolitik informieren. Von dort geht es Richtung Norden, wieder mit dem RE2 in die Ost-Prignitz/Ruppin, nach Neustadt/Dosse, wo wir uns verteilen und die Gegend mit Flyern beglücken wollen. Den Nachmittag verbringen wir aber wieder im Süden, also zurück mit dem RE2, diesmal bis Nauen, wo es ab 14:00 Uhr einen Pirateninfostand geben wird – so lange, bis wir müde sind und keiner mehr was von uns wissen will ;-). Zu diesem unbestimmten Zeitpunkt fahren wir wieder mit RE2 zurück nach Berlin, um uns in unsere Heimatorte zu verteilen.
Die Route am 23.8.13 im Detail:
- Berlin Hbf Abfahrt: 09:25 Uhr, Ankunft Falkensee: 09:45 Uhr (Nachzügler: ab Hbf 09:37 oder Zoo 10:30)
- Pirateninfostand in Falkensee ab 09:30 Uhr bis ca. 13:30 Uhr
- Falkensee Abfahrt: 11:48 Uhr, Ankunft Neustadt/Dosse: 12:20 Uhr
- Flyern in Neustadt/Dosse ab 12:20 Uhr bis 13:40 Uhr
- Neustadt/Dosse Abfahrt: 13:42 Uhr, Ankunft Nauen: 14:04 Uhr
- Pirateninfostand in Nauen Bahnhofvorplatz: ab 14:00 Uhr
- Nauen Abfahrt: ??:04 Uhr (frühestens 17:04), Ankunft Berlin Hbf: ca. 30Min später
Der zweite Tag – 24.08.2013 – Samstag, mit RE 7 nach Potsdam-Mittelmark
Am Samstag machen wir auf den Weg Richtung Süden und werden noch mehr Spaß haben als am Freitag, denn unterwegs treffen wir auf eine Station, in der es ein Fest gibt. Wir starten wieder früh, um 09:17 ab Hbf mit dem RE 7 nach Michendorf, unserer ersten Station in Potsdam-Mittelmark. Dort wartet schon ein lokales Team mit einem Infostand auf die fliegenden Wahlkämpfer. Unsere nächste Station ist Brück, dort wird ein mobiler Infostand von uns aufgebaut und dann auch wieder abgebaut, denn es geht weiter nach Bad Belzig, wo das Altstadt-Sommerfest stattfindet. Auch dort werden wir schon erwartet von Lokalpiraten, mit denen wir gemeinsam am Infostand über Piratendinge erzählen werden aber wo wir uns auch mal auf dem Fest umschauen, so dass wir einen besonders schönen Wahlkampftourneeabschluss dort haben werden. Entsprechend spät werden wir die Heimfahrt nach Berlin antreten.
Die Route am 24.8.13 im Detail:
- Berlin Hbf Abfahrt: 09:17 Uhr (Gleis 13) Richtung Michendorf, Ankunft: 09:49 Uhr
- Pirateninfostand in Michendorf von ca. 09:30 Uhr bis 12:00 Uhr
- Abfahrt Michendorf: 11:49 Uhr, Ankunft Brück 12:05 Uhr
- Pirateninfostand in Brück: 12:10 Uhr – 13:55 Uhr
- Abfahrt Brück: 14:00 Uhr, Ankunft Bad Belzig: 14:15 Uhr
- Pirateninfostand in Bad Belzig: 10:00 Uhr – vorr. 19:00 Uhr
- Abfahrt Bad Belzig: stündlich möglich, z.B. 18:47 oder 19:47 Uhr, dann Ankunft in Berlin Hbf um 19:44 oder 20:44 Uhr
Wer noch mitmachen möchte, wendet sich am besten per Twitter an @morgenlandfahrt für Tag 1 und @mtaege für Tag 2, alternativ auch einfach an mich: @anked oder telefonisch: 0175 1676 282. Wir werden uns am Berliner Hauptbahnhof am 1. Wagen nach der Lok treffen, damit man sich findet. Einfach nach Piratenfarben Ausschau halten!
Unterwegs und an den Ständen werde ich wieder jede Menge Piratensäbel für Kinder bauen – aus Modellierluftballons. Das hält die Finger flink und macht den Kindern Spaß. Für die Eltern gibt es Informationen, denn wider aller Behauptungen hat die Piratenpartei tatsächlich ein umfangreiches Wahlprogramm!
Nicht ganz ausgeschlossen ist, dass wir am Sonntag den 25.8.13 noch eine spontane Regio-Tour Richtung Potsdam machen, falls es dazu Neuigkeiten gibt, werde ich sie hier als Update ergänzen.
Eine neue Herausforderung – Wahl zur Vorsitzenden bei den Piraten Brandenburg
Am 10. und 11.08.2013 fand in Bad Liebenwerda im Süden Brandenburgs ein Landesparteitag der Piratenpartei statt. Der Samstag war der Neuwahl des Landesvorstandes vorbehalten, am Sonntag stand die Weiterentwicklung unseres Landes-Wahlprogramms für Brandenburg im Mittelpunkt.
Der Landesverband Brandenburg und sein Vorstand haben es im letzten Jahr nicht so einfach miteinander gehabt. Das war ein Grund, warum man noch kurz vor der Bundestagswahl einen Wahlparteitag angesetzt hat. Der neue Vorstand sollte noch einmal durchstarten und noch vor dem 22.09. ein Zeichen setzen können. Um es vorweg zu nehmen – am Ende der Neuwahl fand ich mich als erste Vorsitzende des Brandenburger Landesverbandes der Piratenpartei wieder. Geplant war das nicht. Mein Mann, Daniel Domscheit-Berg, hatte schon seit längerem darüber nachgedacht, als politischer Geschäftsführer und Mitglied des Landesvorstandes zu kandidieren. Mit ihm gemeinsam hatte sich ein kleines Team hoch motivierter und kompetenter Piraten gefunden, die bereit waren, Verantwortung zu übernehmen – vor allem gemeinsam in einem schlagkräftigen Team, das sich gegenseitig grün ist und in dem alle Energie auf konstruktive Arbeit verwendet werden kann.
Am Vormittag des Wahlsamstag kam ich mit diesem Team ins Gespräch. Sie wollten als Kandidaten antreten aber es fehlte jemand Fünftes im Bunde. Ich wurde gefragt, ob ich nicht Lust hätte, als Vorsitzende ein mögliches künftiges Vorstandsteam zu ergänzen und kam ins Grübeln. Nein, ich bin nicht scharf auf Vorstandsarbeit. Das ist zu 80% Admin und Koordination, davon 99% unsichtbar. Ein äußerst undankbarer Job, denn die Erwartungen der Basis kann man nur sehr schwer zufriedenstellen. Es ist auch nicht so, dass ich gerade nicht weiß, wohin mit meiner freien Zeit. Der Wahlkampf hält mich auf Trab aber auch durch den NSA Überwachungsskandal habe ich seit Wochen sehr viel Arbeit, vor allem mit Medienterminen, Interviews, Artikel schreiben und unsere Positionen dazu vermitteln. Ganz nebenbei habe ich Aufgaben in einigen Ehrenämtern und müßte auch mal wieder etwas Geld verdienen. Nein, so ein Vorstandsposten ist wirklich nicht das, was mir gerade gefehlt hatte.
Aber diese Partei liegt mir am Herzen und die Piraten, die mich ansprachen, gehören zu den Menschen in der Partei, denen ich am meisten vertraue, von denen ich weiß, dass sie ein großartiges Vorstandsteam sein würden und dass sie genau das Team sind, das unser Landesverband genau jetzt besonders gut brauchen kann. Gerade weil ich ihnen vertraue und weiß, dass es ein Team ist, auf das man sich auch bei hoher Arbeitsbelastung und im Zeitstress verlassen kann, habe ich am Ende den Vorschlag angenommen und für das Amt der ersten Vorsitzenden kandidiert. Ich habe meine Motivation auf dem Parteitag offen geschildert und auch nicht unerwähnt gelassen, mit welchem Team ich mir die beste Zusammenarbeit vorstellen kann und dass ich mir wünsche, dass diejenigen, die mich wählen wollen, auch dieses Team in den Vorstand wählen. Man kann das kritisieren, aber für mich ist diese Aufgabe eine erhebliche Zusatzbelastung, die ich mir nur gemeinsam mit einem guten Team zutraue und zumuten möchte. Ich fand es ehrlich, das genau so auch zu sagen, es gehört zu meinem Werteverständnis als Piratin, mit offenen Karten zu spielen. Dann kann jede/r in der Basis entscheiden, ob er oder sie das okay findet und entsprechend wählen. Eine Mehrheit der Basispiraten auf dem Landesparteitag fand das einen guten Vorschlag und schenkte sowohl mir als auch den anderen im Team ihr Vertrauen.
Nun stehen wir alle vor einer großen Herausforderung – den Landesverband durch eine ganze Reihe von Wahlen zu führen – Bundestagswahl, Landtagswahl, Kommunalwahl und Europawahl – alles innerhalb unserer Amtszeit. Das ist ein großer Brocken Verantwortung. Aber wir nehmen sie an und wir haben uns fest vorgenommen, unsere Kompetenzen, Energien, Zeit und Motivation ganz für die Piratenpartei einzusetzen, damit wir zusammen ein gutes gemeinsames Jahr haben werden und die Piratenpartei weiter als politische Kraft stärken können.
Den neuen Vorstand möchte ich gern vorstellen:
Cornelius Everding wurde zum zweiten Vorsitzenden gewählt. Er ist ausgebildeter Jurist und Regierungsdirektor im Innenministerium des Landes Brandenburg und kennt sich bestens mit Verwaltung aus. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich mit eGovernment – mit dem Einsatz von Technologie und Internet, um die Interaktion zwischen Staat und Bürgern zu verbessern. Er kandidiert als Direktkandidat in Potsdam für die Bundestagswahl (Wahlkreis 61). Seine Wurzeln liegen im Bayerischen – er steht damit auch für das Zusammenwachsen von Ost und West.
Manfred Liedtke ist neuer Schatzmeister und übernimmt neben den Finanzdingen auch die Mitgliederbetreuung. Er lebt südlich von Berlin in Grünheide bei Erkner und ist im Vertrieb tätig. Ich kenne ihn als Arbeitstier, das ohne lange Diskussionen immer „hier“ sagt, wenn es etwas zu tun gibt und der in 100% dieser Fälle ohne viel Aufhebens 100% zuverlässig war. Den Wahlkampf für die Bundestagswahl hat er schon auf vielfältige Weise unterstützt. Ohne ihn gäbe es zum Beispiel die Piraten Aktionswoche in Müncheberg, Grünheide, Erkner und Bernau nicht, die ab 27.08. ansteht.
Daniel Domscheit-Berg ist Politischer Geschäftsführer im neuen Vorstand. Ja, er ist auch mein Ehemann und nein, optimal ist das nicht. Aber am Ende haben wir entschieden, dass es uns um die beste Besetzung und um Kompetenz geht und haben der Basis die Wahl dazu gelassen. Auch die Basis war offenbar der Meinung, dass Daniel unsere Kernthemen besonders gut politisch nach außen und nach innen vertreten kann, so wie er das ja auch schon länger macht. Seine umfangreiche Medienerfahrung kann uns auch bei der notwendigen weiteren Professionalisierung der Pressearbeit sehr helfen.
Friedrich Schumann als Beisitzer im Vorstand bereichert das Team nicht nur durch mehr Generationenvielfalt, denn er ist als frisch gebackener Abiturient der Jüngste im Bunde. In der AG Technik engagiert er sich schon länger und auch im Wahlkampf gehört er zu den Piraten, die man jederzeit ansprechen und um Hilfe bitten kann. Ihm ist kein Weg zu weit und keine Aufgabe zu schwer, er ist ein Machertyp. Finden kann man Friedrich im Straßenwahlkampf genauso wie in der Kinderbetreuung bei Parteiveranstaltungen oder als Experte bei einer der Brandenburger Kryptoparties.
Besonders großartig an diesem Team finde ich nicht nur die hervorragende Mischung von Fachkompetenzen sondern gerade auch die menschlichen Eigenschaften. Jeden von ihnen schätze ich als konstruktiv, integer, offen und optimistisch – genau die Mischung an Persönlichkeiten, die man sich in einem Führungsteam wünscht. Denn wer denkt, dass ein Vorstand immer nur Friede, Freude, Eierkuchen Zeiten haben wird, der irrt. Wir werden Stress haben und Konflikte austragen müssen, wir werden jede Menge Probleme zu lösen haben. Alles das können wir nur gemeinsam gut schaffen, in dem wir uns ehrlich begegnen und alle an einem Strang ziehen. Ich wiederhole mich – aber dieses Vorstandsteam ist dafür bestens geeignet und ich freue mich sehr darauf, mit diesem Team die Brandenburger Piratenpartei in den kommenden 12 Monaten als Vorsitzende unterstützen zu können.
Das Feedback von der Basis – auf dem Parteitag direkt nach der Wahl aber auch auf allen Arten Kommunikationskanälen von Piraten, die nicht am Landesparteitag teilnehmen konnten, war überwältigend und gibt uns noch einen Extra-Motivationsschub, dieses Vertrauen nicht zu enttäuschen und uns alle Vorschußlorbeeren mit guter Arbeit zu verdienen. Unser schönster Ansporn waren jedoch die vielen Reaktionen von Piraten, die mir schrieben, dass sie jetzt noch mehr Lust hätten, sich in den Wahlkampf zu stürzen, damit endlich frischer Wind in den Bundestag kommt und die Piratenpartei zeigen kann, wie anders sie dort Politik machen wird.
Wer sich für Details zum Parteitag interessiert, wird HIER fündig (das Protokoll ist in Kürze auch dort zu finden).